Bochum. . Die Hochschulfreiheit hat sich insgesamt bewährt - das ergab eine Untersuchung der Ruhr-Uni Bochum. Forschung und Lehre seien durch das 2006 erlassene „Hochschulfreiheitsgesetz“ gestärkt worden. Die nun von Rot-Grün geplante Reform sei demnach unnötig. Aber die Studie sieht auch Korrekturbedarf.

Von Hochschulen und Universitäten kam geballte Kritik. NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) stößt mit ihren Plänen, die Autonomie der Hochschulen wieder einzugrenzen, auf den Widerstand der Professoren. Schulze will mit ihrer Reform das 2006 von der schwarz-gelben Landesregierung auf den Weg gebrachte „Hochschulfreiheitsgesetz“ in Teilen wieder kassieren. Nun aber bescheinigt ihr eine große und repräsentative Studie, dass die Selbstständigkeit der Hochschulen durchaus segensreich gewirkt habe.

Der Sozialwissenschaftler Jörg Bogumil, Professor für Öffentliche Verwaltung an der Ruhr-Universität Bochum, hat sich an allen Unis Deutschlands unter Rektoren, Dekanen und Professoren umgehört. „Ich war überrascht: Das Urteil über die Wirkung der Reformen war einhellig positiv.“

Mehr Macht für die Rektoren durch das Gesetz

Durch das Gesetz erhielten die Hochschul-Leitungen mehr Macht. Dies hätten sie dazu genutzt, um bestimmte Forschungszweige und Fächer zu stärken und so das Profil der Uni insgesamt zu schärfen. Bogumil: „Das führte in Forschung und Lehre zu einer deutlichen Leistungsstärkung.“

Auch interessant

Dauerte es früher ein gutes halbes Jahr, bis ein neuer Professor berufen war, weil das Land zustimmen musste, geht dies heute in sechs Wochen. So wurden Hochschulen in ihrer Fächer- und Personalpolitik wesentlich flexibler.

Zugleich räumen Bogumil und seine Mitarbeiter mit der Vorstellung auf, die Wirtschaft habe in den Universitäten durch die Einführung der umstrittenen Hochschulräte übermäßig an Einfluss gewonnen. In dem obersten Leitungsgremium der Hochschulen dominieren nach wie vor die Wissenschaftler, ergab die Untersuchung.

Hochschulgesetz erhöhte den Verwaltungsaufwand in den Unis

Doch habe das liberal gefärbte Hochschulgesetzes auch Schattenseiten. Durch die Autonomie wurde der Verwaltungsaufwand in den Unis und Fakultäten deutlich höher. Zahlen, Rankings, Leistungsvergleiche müssen erstellt werden, „das Berichtswesen wurde durch den Wettbewerb enorm ausgeweitet. Das nervt alle“, sagt Bogumil.

Auch der Kampf um „Drittmittel“, also Gelder für bestimmte Forschungsprojekte, habe zugenommen. „Die Forschung kommt aber zu kurz, wenn Professoren hauptsächlich damit beschäftigt sind, Anträge zu schreiben und Geld einzuwerben.“ Das drücke auf die Motivation – vor allem in Fächern, die mehr Probleme haben, private Gelder einzuwerben. „Ein begrenzter Wettbewerb ist gut und erzeugt Druck für Veränderungen“, so Bogumil. Doch überschießender Wettbewerb wirke lähmend und „disfunktional“. Eine Balance sei wichtig.

Wissenschaftler erkennen Korrekturbedarf am Gesetz

Die Wissenschaftler erkennen durchaus Korrekturbedarf am bestehenden Gesetz. So sollten etwa die Mitglieder der Hochschulräte abwählbar sein. Doch die Autonomie der Hochschulen grundsätzlich rückgängig zu machen, sei unnötig. Bogumil: „Der Staat hat nach wie vor großen Einfluss. Etwa über die Finanzen und die Zielvereinbarungen.“ Aus der Detailsteuerung sollte sich die Politik aber heraushalten.