Berlin. . Deutsche Soldaten beklagen erhebliche Missstände beim Bundeswehr-Einsatz in der Türkei. Die Zusammenarbeit mit der türkischen Seite werde „überwiegend als problematisch empfunden“, heißt es in einem Bericht des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP). Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) versprach, dass sich die Bedingungen bald verbessern.

Verdreckte Toiletten, fades Essen, Hundekadaver auf dem Kasernengelände, fragwürdige Behandlung durch die türkische Seite: Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus sieht große Missstände beim Patriot-Einsatz der Bundeswehr in der Türkei. Die Zusammenarbeit mit den heimischen Soldaten werde von deutscher Seite „überwiegend als problematisch empfunden“, schreibt Königshaus in einem Bericht an den Verteidigungsausschuss des Bundestags. Die Bundeswehrsoldaten empfänden die türkischen Kollegen als „wenig hilfreich“. Der Kommandeur der Einsatztruppe, Oberst Marcus Ellermann, bestätigte, dass es Probleme gebe.

Königshaus hatte die 320-Personen-Truppe im osttürkischen Kahramanmaras Ende Februar besucht. Dort soll sie im Rahmen eines Nato-Einsatzes die Türkei vor möglichen Raketenangriffen aus Syrien schützen. Laut Bericht sieht die heimische Armee den Kontakt zu deutschen Soldaten „offenbar ungern“. Türkische Militärs würden „gemaßregelt“, wenn sie Kontakt aufnähmen.

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Von Daniel Freudenreich

„Symptomatisch“, so Königshaus, sei ein Vorgang, der sich am Rande des Truppenbesuchs von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zugetragen haben soll. Demnach stoppte eine Soldatin das Fahrzeug eines türkischen Generals, um den Verkehr für die Ministerkolonne zu regeln. Der General sei daraufhin ausgestiegen und habe die Feldjägerin geschubst. Anschließend klagte sie über Prellungen.

Unhaltbare Zustände

Königshaus berichtet auch von „unhaltbaren“ Zuständen im Sanitärbereich der Kaserne. Demnach seien Toilettenschüsseln „außen und innen mit Kot und Urin beschmutzt“ gewesen. Viele verfügten nicht über eine Wasserspülung. Im manchen Stuben soll es Schimmel gegeben haben.

Auch er habe „gewisse Probleme“ bei seinem Truppenbesuch wahrgenommen, sagte de Maizière der Bild am Sonntag. Es müsse aber auch beachtet werden, „dass die Traditionen unterschiedlich sind“. Damit begründet auch SPD- Verteidigungsexperte Rainer Arnold die Spannungen.

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Die türkische Armee sei unglaublich hierarchisch geführt, sagte Arnold dieser Zeitung. „Ein türkischer General redet nicht mit einem Oberst“, meinte er beispielhaft mit Blick auf den Vorfall mit der deutschen Soldatin. Aus Arnolds Sicht reagieren die türkischen Militärs auch aus Unsicherheit so zurückhaltend auf die deutschen Soldaten, unter denen es lockerer zugehe. Sie wüssten nicht, wie sie damit umgehen sollten.

Einsatz bei Türken umstritten

Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, sieht die Ursache für die Missstände darin, dass der Bundeswehreinsatz in der türkischen Öffentlichkeit umstritten sei. Die offen zur Schau gestellte Unfreundlichkeit der türkischen Behörden solle wohl den Streit befrieden, sage Nouripour dieser Zeitung. „Damit wird der innenpolitische Zwist auf dem Rücken der deutschen Soldaten ausgetragen. Das geht nicht.“

Die beiden Verteidigungspolitiker forderten auch Gespräche auf politischer Ebene. „Die Bundesregierung muss die Türkei fragen, ob sie die Unterstützung überhaupt noch will“, sagte Nouripour. Es müsse nun klar geregelt werden, welche Rechte die Bundeswehrsoldaten hätten und was sie genau machen dürften, meinte Arnold.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) mahnt derweil mehr Respekt für die deutschen Soldaten an. „Wir sind als Freunde gekommen und möchten wie Freunde behandelt werden“, sagte er der „Welt“.

Der Wehrbeauftragte Königshaus erwartet, dass das Verteidigungsministerium die Situation für die Bundeswehr in der Türkei „umgehend“ verbessert. Weil die Kaserne deutschen Standards nicht entspricht, sind die Soldaten im Hotel untergebracht, bis die neuen Unterkünfte fertig sind. Dann, so de Maizière, werde sich vieles ändern.