Ankara. . Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um Unterstützung in den Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei gebeten. „Ich hoffe, dass Deutschland diese Unterstützung gewährt“, sagte er nach einem Treffen mit Merkel. Doch in Streitfragen blieb Erdogan hart.
Nach einer Phase des Stillstands wollen die EU und die Türkei die Beitrittsverhandlungen ausweiten. „Wir wollen, dass es vorangeht“, bekräftigte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Ankara. Ein 14. Kapitel (von 35) soll eröffnet werden. Thema: die Regionalpolitik. Ungeachtet ihrer persönlichen Skepsis seien die Gespräche „ergebnisoffen“, so Merkel.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ging darauf nicht direkt ein. Er verwies auf die fünf Millionen Türken in den Ländern der Europäischen Union: „Wir sind de facto schon in der EU“.
In keiner Streitfrage deutete er ein Einlenken ein. So sind die Gespräche über Visa-Fragen festgefahren. Die Türkei sperrt sich gegen ein Rücknahme-Abkommen, mit dem sie sich verpflichten würde, illegale Flüchtlinge und abgewiesene Asylbewerber aufzunehmen. Die zweite Hängepartie: Viele Kapitel der EU-Beitrittsverhandlungen können nicht abgeschlossen werden, weil die Türkei das längst ausgehandelte Ankara-Protokoll nicht ratifiziert. Sie will sich nicht verpflichten, weitere (Flug)Häfen für das EU-Mitglied Zypern zu öffnen.
Dank für die Patriots
Erdogan bedankte sich für die deutsche Hilfe mit „Patriot“-Raketen. So soll der Nato-Partner vor Angriffen aus Syrien geschützt werden. Das sei „sehr sensibel“, würdigte Erdogan.
Merkel griff einige wunde Punkte in den Beziehungen selbst auf. Zum einen versicherte sie, dass Deutschland alles tue, um die Verbrechen des Neonazi-Netzwerkes NSU aufzuklären. Daran gibt es in der Türkei Zweifel. Ob sie sich auch für ein NPD-Verbot aussprechen wolle, ließ sie in Ankara offen. Zum anderen stellte die Kanzlerin klar, dass in Deutschland jeder Auslieferungsantrag aus der Türkei sorgsam geprüft werde. Das Ergebnis hänge von den Haftbedingungen in der Türkei ab. Der Hintergrund sind Klagen, dass kurdische PKK-Kämpfer Deutschland als Rückzugsraum nutzen.
Frage nach inhaftierten Journalisten
Schroff antwortete Erdogan auf Fragen nach den in der Türkei inhaftierten Journalisten. In den meisten Fällen gehe es um die Beteiligung an Verbrechen, um Waffenbesitz und Terrorismus. Auch in Großbritannien seien Journalisten im Gefängnis, weil sie die IRA unterstützt hätten. Zu den deutschen Journalisten sagte er: „Stellen Sie solche Fragen auch so in England?“
Nur eine Vereinbarung nahm derweil konkrete Formen an. Zum Herbstsemester 2013 soll die türkisch-deutsche Universität in Istanbul den Betrieb aufnehmen. Merkel kann sich nach eigenen Worten eine Parallel-Initiative in Deutschland „gut vorstellen“.