Berlin. Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, wirbt für deutsch-türkische Regierungskonsultationen, doppelte Staatsbürgerschaft, erleichterte Visabedingungen und ein EU-Beitrittsdatum. Im Verhältnis von Kanzlerin Angela Merkel und dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan mahnte er einen sachlichen Ton an.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, fordert vor der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutsch-türkischen Regierungskonsultationen. "Wir brauchen gemeinsame Kabinettssitzungen und einen Konsultationsrat, der wirtschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen stärkt", sagte Kolat am Freitag. Merkel wird am Sonntag für zwei Tage in die Türkei reisen. Es ist ihr dritter Besuch als Kanzlerin in dem Land.

Kolat wünscht sich intensivere Zusammenarbeit

Kolat sagte weiter, er wünsche sich eine noch intensivere Zusammenarbeit. Er hoffe auf eine so enge Anbindung der Bundesrepublik an die Türkei "wie beispielsweise an Frankreich". Mit Blick auf die schleppenden Verhandlungen mit der EU erklärte Kolat, Merkel solle auf den Begriff der "privilegierten Partnerschaft" verzichten und stattdessen "mit klaren Worten auch ein Datum nennen". Ein klares Zeichen müsse es auch für Erleichterung von Besuchervisa geben.

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Im Verhältnis von Merkel und dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan mahnte er einen sachlichen Ton an. Er appellierte an Erdogan, die deutsche Öffentlichkeit besser verstehen zu lernen und "Paukenschläge" zu unterlassen. "Und Frau Merkel sollte auch nicht als Oberlehrerin auftreten, beide sollten bei ihrer Wortwahl aufpassen." Kolat spielte damit auf einen Auftritt Erdogans in Düsseldorf an, bei dem der Ministerpräsident vor einer wachsenden Ausländerfeindlichkeit in Deutschland gewarnt und gefordert hatte, dass Kinder aus türkischen Familien in Deutschland zunächst ihre Muttersprache lernen sollten und dann Deutsch.

Kolat: "Strukturen müssen hinterfragt werden"

Zu der neuen Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft betonte Kolat, es sei ermutigend, dass auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, diese nun fordere. Die Bundesregierung solle dies ernst nehmen, es "wäre ein gutes Zeichen, wenn die Optionspflicht abgeschafft würde".

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Ein für das Frühjahr geplantes Treffen von Merkel mit Angehörigen der NSU-Opfer wertete Kolat als "sehr gute Geste". Allerdings dürfe es die Bundesregierung dabei nicht belassen, vielmehr solle sie eine breite Rassismusdebatte in der deutschen Öffentlichkeit anstrengen. Die NSU-Mordserie dürfe nicht "auf die Pannen reduziert werden. Wichtig ist, dass die Strukturen hinterfragt werden", machte Kolat deutlich. (dapd)