Essen. . Gemeinsame Wirtschaftsförderung, Verlehrspolitik, sogar ein regionales Parlament: Die Revierstädte wollen zusammenrücken. Doch die Regierungspräsidenten in Düsseldorf und Münster sind gegen die Einigkeit des Reviers. Hauptkritik: Es könne nicht angehen, dass sich eine Region Sonderrechte verschafft.
Die Parteien im Ruhrgebiet und der Regionalverband Ruhr (RVR) träumen von einem selbstständigeren Revier, womöglich sogar mit einem von den Bürgern direkt gewählten Parlament. Doch dieser Traum ist für die einige Nachbarn im Münster-, Sauer- und Rheinland offenbar ein Alptraum.
Wie berichtet reifen im Revier Pläne für ein Ruhrgebiet, das wichtige Zukunftsfragen selbstständig regeln darf.
Wenn es zum Beispiel um den regionalen Verkehr, um Wirtschaftsförderung, Energieversorgung oder die Entwicklung von Wohnquartieren geht, sollen die Fäden künftig bei einem gestärkten Regionalverband Ruhr (RVR) zusammenlaufen. Die Revierbürger sollen sogar ein eigenes Parlament direkt wählen dürfen. Darin sind sich die demokratischen Parteien in der Region weitgehend einig.
Aachen und Hannover machen es vor
So schemenhaft diese Pläne derzeit noch sein mögen – die Bezirksregierungen in Düsseldorf und Münster beobachten sie schon heute mit Unbehagen. Denn wenn das Ruhrgebiet neue Kompetenzen bekäme, müssten sie womöglich welche abgeben.
Anne Lütkes (Grüne), Regierungspräsidentin in Düsseldorf, warnt das Ruhrgebiet vor zu viel Experimentierfreude. „Die Verwaltung dieses Landes kann man nicht so einfach verändern. Es bringt nichts, einfach nur eine neue, regionale Verwaltung mit völlig neuen Kompetenzen einzuführen. Es kann nicht sein, dass nur das Ruhrgebiet ein direkt vom Bürger gewähltes Parlament bekommt und andere Regionen haben so etwas nicht.
Egal, wie sich die Dinge verändern: Wir brauchen einheitliche Regeln im ganzen Land. Und solche Veränderungen sind nicht von heute auf morgen möglich. Das dauert mindestens 20 Jahre. Der RVR ist außerdem keine Bezirksregierung, sondern eine Verwaltung ,der eigenen Art’. Die unterschiedlichen Verwaltungen im Land lassen sich nicht so einfach übereinander bringen.“
Lütkes stellt klar, dass sie nichts gegen die Zusammenarbeit von Städten habe. Es gebe viele gute Beispiele dafür. „Ich erinnere an die Stadtregionen Hannover und Aachen. Hier arbeiten Städte zusammen, um schlagkräftiger zu werden. Das ist natürlich auch im Ruhrgebiet möglich.“
Münster: kein Bedarf für eine ‘Ersatzbezirksregierung’
Die Debatte, die das Ruhrgebiet über sich selbst führt, sei zwar legitim, aber längst nicht zu Ende gedacht. Lütkes: „Wir als Bezirksregierung haben die Interessen aller Kommunen in unserem Gebiet im Blick. Man kann von einer Scharnierfunktion sprechen. So gehört Duisburg zum Ruhrgebiet, ist aber auch eng mit dem Rheinland verbunden. Wer will und wer kann da einen Trennungsstrich ziehen?“
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Ganz ähnlich sieht es Reinhard Klenke, Regierungspräsident in Münster: „Wir brauchen keine ,Ersatzbezirksregierung’ im Revier. Unsere Ruhrgebiets-Kommunen Gelsenkirchen, Bottrop und Recklinghausen sind im Regierungsbezirk Münster gut aufgehoben. Hier haben sie Gewicht und eine starke Stimme. Wenn diese Verbindung zwischen Ruhrgebiet und Münsterland abgeschnitten würde, dann würden beide verlieren: das nördliche Ruhrgebiet und das Münsterland.“
Klenke erinnert daran, dass eine Million Einwohner des Regierungsbezirkes Münster in der Emscher-Lippe-Region wohnen. „In einer wie auch immer selbst verwalteten Region Ruhrgebiet würden Gelsenkirchen, Bottrop und Recklinghausen vermutlich hinter den großen Kommunen wie Dortmund, Essen und Duisburg zurückstehen.“
Arnsberg übt sich in Gelassenheit
Arnsberg verfolgt die Debatte „aufmerksam und sehr gelassen“. Am Ende müsse der Landtag darüber entscheiden. „Die gegenwärtige Verwaltungsstruktur im Land hat sich aus unserer Sicht bewährt“, sagt Christoph Söbbeler für die dortige Bezirksregierung.
Die Sauerländer verzichten auf Attacken gegen den RVR. Das mag auch daran liegen, dass Karola Geiß-Netthöfel, die RVR-Direktorin, bis 2011 Regierungsvizepräsidentin in Arnsberg war.