Brüssel. . Die Mitgliedsländer der haben den Haushalt der Europäischen Union um drei Prozent verkleinert. Es ist ein Verhandlungserfolg Deutschlands und der anderen reichen Länder – aber er kam nur durch einen Trick zustande. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum EU-Gipfel.

960 Milliarden Euro für Europa: Städte, Kommunen, Länder und Bürger müssen sich in den nächsten sieben Jahren auf rund drei Prozent weniger EU-Fördergelder als bisher einstellen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre europäischen Amtskollegen einigten sich nach harten, 25-stündigen Marathon-Verhandlungen am Freitag auf den Budget-Rahmen für 2014 bis 2020. Die EU darf Finanzzusagen über 960 Milliarden Euro machen. Das entspricht etwa einem Prozent der Jahres-Wirtschaftsleistung Europas.

Tatsächlich auszahlen darf die EU aber nur 908 Milliarden Euro – das bezeichnen Merkel oder der britische Premierminister David Cameron gern als Europas „Kreditkarten-Limit“. Deutschland steuert als größter EU-Staat etwa 20 Prozent der Beiträge für Europas Budget bei. Das letzte Haushalts-Wort ist allerdings noch nicht gesprochen. EU-Parlamentschef Martin Schulz (SPD) und viele andere Abgeordnete drohen, den Budget-Vorschlag abzulehnen.

Was stört die EU-Abgeordneten?

Vielen Bürgervertretern missfällt, dass die Zahlungsversprechen deutlich höher sind als das, was die EU in den nächsten Jahren tatsächlich an Fördergeldern auszahlen darf. Die EU dürfe im Auftrag der Staaten höhere Finanzversprechen machen, als sie tatsächlich einhalten kann.

So werde die EU immer mehr zur Schulden-Union, wettert EU-Parlamentschef Schulz. „Das ist doch keine seriöse Politik.“

Warum kursieren zwei Summen für Europas Budget?

Die EU kann einerseits Finanzversprechen machen. Das sind die geplanten 960 Milliarden Euro für die nächsten sieben Jahre. Tatsächlich auszahlen kann sie in dieser Zeit aber nur 908 Milliarden Euro. Das haben die Staaten so beschlossen. Es besteht also, theoretisch, eine Lücke von 52 Milliarden Euro.

Ist das solides Haushalten?

Nein, schimpft EU-Parlamentschef Schulz: „Wir hätten es mit einem 52-Milliarden-Defizit zu tun.“ Er will daher, wie andere europäische Abgeordnete auch, den Haushaltsentwurf der Staaten ablehnen. Dazu sei er gesetzlich verpflichtet, sagt Schulz. Die EU dürfe schließlich keine Schulden machen.

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„Wir sind für diese 960 Milliarden, keine Frage“, betont der Parlamentschef. „Aber wir wollen, dass die Gelder dafür zur Verfügung gestellt werden.“ Was die Staaten beschlossen hätten, sei „ein ziemliches Täuschungsmanöver“, das Europa in die Schulden-Union führe.

Warum beschließen Merkel & Co. so ein Budget?

Ihr Argument lautet, dass in einer Sieben-Jahres-Periode nicht absehbar sei, ob wirklich alle EU-Gelder aus diversen Fördertöpfen abgerufen würden. Denn die EU verschenkt ihr Geld nicht. Planen ein Staat, ein Bundesland, eine Kommune oder Wirtschaftsakteure ein Projekt, das die EU fördern würde, müssen sie einen Teil des benötigten Geldes selbst aufbringen. Doch nicht alle Projekt-Vorhaben werden in die Tat umgesetzt. Daher würden, so heißt es, nie alle EU-Gelder abgerufen.

Zudem sind die Staats- und Regierungschefs einigen Forderungen des EU-Parlaments entgegen gekommen. Bisher floss unverbrauchtes Geld nach Ablauf eines Haushaltsjahres von der EU- in die Staatskasse zurück. Solche zeitlichen Umschichtungen sollen künftig möglich sein. Die Staaten stimmten einer solchen „Flexibilisierung“ des Budgets nun zu. Das soll, so hoffen sie, finanzielle Engpässe verhindern. Viele EU-Abgeordnete jedoch glauben das nicht.

Warum sparen die Staaten beim EU-Haushalt?

Vor allem Deutschland, Großbritannien, die Niederlande und Schweden haben erfolgreich darauf bestanden, die Budget-Vorschläge von EU-Kommission und EU-Ratschef Herman van Rompuy deutlich zu kürzen. Angesichts Europas Schuldenkrise müssten die Staaten sparen; da könnten sie nicht der EU mehr Geld überweisen als bisher, lautete ihr Argument.

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Osteuropäische Länder sehen das anders. Einige dieser Staaten könnten ohne EU-Fördergelder einen Großteil ihrer öffentlichen Investitionen nicht mehr stemmen. Doch der größte EU-Staat Deutschland und die anderen relativ wohlhabenden Nordeuropäer zahlen unterm Strich mehr in die EU-Kasse ein, als sie aus verschiedenen EU-Töpfen zurückbekommen. Gegen diese mächtigen „Netto-Zahler“ kommen andere Länder schwer bis gar nicht an.

Haben Merkel & Co. gut gepokert?

Aus nationaler Sicht ja. Sie haben erfolgreich eigene Interessen verteidigt. Deutschland und Frankreich sicherten sich weiter üppige Gelder aus Regionalpolitik- und Landwirtschafts-Fonds. Die Osteuropäer können weiter mit üppigen Mitteln aus Regionalfonds rechnen.

Auf der Strecke blieb aber die geplante und von Deutschland einst laut geforderte „Modernisierung“ des EU-Budgets – also teils deutlich höhere Ausgaben für Forschung, Entwicklung und Wissenschaft. Diese „Modernisierung“ sollte eigentlich Europas Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit verbessern.