Berlin. Universität hält an der Ehrung fest: Es handele sich nicht um einen akademischen Grad, sondern um eine Anerkennung persönlicher Verdienste. Ob Schavan im Amt bleibt, soll ein klärendes Gespräch mit der Kanzlerin klären - dessen Zeitpunkt ist aber noch offen. Die Wähler befürworten in Umfragen den Rücktritt der Ministerin.
Trotz der Plagiatsvorwürfe gegen Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will die Universität Lübeck der Politikerin immer noch die Ehrendoktorwürde verleihen. Die Auszeichnung sei schließlich kein akademischer Grad, sondern eine Anerkennung für persönliche Verdienste um die Wissenschaft, begründete das Präsidium der Universität am Freitag in der Hansestadt seine Entscheidung. Diese Verdienste träfen "für Frau Schavan in außergewöhnlicher Weise zu".
Wann jedoch die Ehrendoktorwürde offiziell an Schavan übergeben werde, werde der Akademische Senat "aus gegebenem Anlass" noch einmal in der kommenden Woche besprechen, sagte ein Uni-Sprecher. Ursprünglich sei als Termin der Jahresempfang der Universität im April angepeilt worden.
Der Fakultätsrat der Universität Düsseldorf hatte Schavan am vergangenen Dienstag ihren Doktortitel aberkannt, weil sie in ihrer Dissertation von 1980 "systematisch" gedankliche Leistungen anderer als die ihrigen ausgegeben haben soll. Schavan will gegen die Aberkennung des Titels klagen. Ihre politische Zukunft hat sie offengelassen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich bisher nicht klar zu Schavans Zukunft als Ministerin bekannt. Über Regierungssprecher Steffen Seibert hatte sie ihr lediglich ihr "volles Vertrauen" ausgesprochen.
Treffen mit der Kanzlerin noch offen
Wann sich Schavan zu einem klärenden Gespräch mit Merkel treffen wird, ist noch offen. Die Ministerin kehrt am Freitag von einer Dienstausreise aus Südafrika zurück. Merkel weilt allerdings noch beim EU-Gipfel in Brüssel. Beobachter erwarten daher, dass das Treffen noch am Wochen stattfinden wird.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, ihm tue die Situation für Schavan leid, die eine "ausgesprochen kluge und anständige Kollegin" sei. Schavan sei nicht zu vergleichen mit dem wegen Plagiaten in seiner Doktorarbeit zurückgetretenen Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der ein "Aufschneider" gewesen sei. Trotzdem befinde sie sich in einer schwierigen Situation: "Dass das schwer vorstellbar ist, dass man Promotionsfeiern als Wissenschaftsministerin eröffnet, wenn man selbst in einer solchen Debatte ist, ist klar."
Wähler fordern Rücktritt der Ministerin
EU-Kommissar Günter Oettinger stärkte seiner Parteikollegin den Rücken. Schavan habe dem Ansehen Deutschlands nicht geschadet: "Das Ansehen bemisst sich an ihrer Leistung." Auf die Frage, ob sie im Amt bleiben könne, antwortete er: "Da der Vorfall strittig ist, da er von einem Gericht geklärt werden muss, da er 30 Jahre zurückliegt, glaube ich, ja, dass sie im Amt bleiben kann." Bei der EU-Kommission in Brüssel sei der Fall kein Thema: "Ich habe Vertrauen, dass sie das Amt weiter kompetent und mit Autorität ausfüllen kann."
Die Wähler sehen das allerdings anders: 59 Prozent der Befragten sprachen sich in einer am Freitag veröffentlichten Umfrage für einen Rücktritt der Ministerin aus. Nur 28 Prozent waren in der Erhebung der Ansicht, Schavan solle weitermachen. Die Umfrage für "Zeit Online" dokumentierte außerdem einen Imageverlust des Doktorgrads. 66 Prozent der Befragten waren der Ansicht, dass die vielen Plagiatsfälle der vergangenen Monate dem Ansehen des Doktortitels geschadet haben. Nur 24 Prozent glauben, dass dessen Image keinen Schaden genommen habe. (rtr/afp/dapd)