Berlin/Essen/Johannesburg. Nach der Aberkennung ihres Doktortitels ist die politische Zukunft von Bundesbildungsministerin Annette Schavan offen. Kanzlerin Angela Merkel ließ ihr volles Vertrauen aussprechen. Die Opposition verlangte den Rücktritt der Ministerin. Sie selbst will vor Gericht um ihren Titel kämpfen.

Die politische Zukunft von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) ist nach der Aberkennung ihres Doktortitels offen. Bundeskanzlerin Angela ­Merkel (CDU) habe „volles Vertrauen“ zu ihr, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch mit. Er vermied aber konkrete Antworten zu Schavans Verbleib im Kabinett.

Nach der Rückkehr der Bildungs­ministerin von ihrer Südafrikareise soll es ein Gespräch zwischen den beiden Politikerinnen geben.

Schavan hatte zuvor in Johannesburg klargestellt, dass sie die Aberkennung ihres Doktortitels nicht hinnehmen will. „Die Entscheidung der Universität Düsseldorf werde ich nicht akzeptieren und dagegen Klage einreichen“, sagte die 57-Jährige.

„Nicht die nötige Autorität“

Weite Teile der Opposition forderten die Merkel-Vertraute zum Rücktritt auf. „Persönlich tut es mir leid für Frau Schavan, aber es ist schwer vorstellbar, dass sie momentan die nötige Autorität als Wissenschaftsministerin aufbringen kann“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir zur WAZ.

Während sich die CDU hinter die Ministerin stellte, gab sich die FDP distanzierter. Man respektiere die Entscheidung Schavans, den Rechtsweg zu beschreiten, erklärte Generalsekretär Patrick Döring.

Kritik der Wissenschaftler

Auch Wissenschaftler gingen zur Ministerin auf Distanz: Der Präsident des Deutschen Hochschulverbands, Bernhard Kempen, bezeichnete es als „sehr schwer vorstellbar“, dass Schavan im Amt bleibt.

Die Aberkennung des Titels sei völlig vertretbar, sagte auch Norman Weiss; er ist Vorsitzender von „Thesis“, einem bundesweiten Netzwerk für Promovierende und Promovierte. Schavan habe fremde Texte umformuliert und die Quellen nicht gekennzeichnet. „Mit dieser Verschleierungstaktik vertuscht man Plagiate“, so Weiss.

Der Raser Wittke musste abtreten

Das Vorgehen betreffe die „Kernkompetenz“ einer Wissenschaftsministerin. Weiss zog eine Parallele zu dem ehemaligen NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke, der zurücktrat, nachdem er als Raser erwischt wurde. Weiss: „Als Wissenschaftsministerin ist Schavan nun fehl am Platz.“

Nach dem Entzug des Doktortitels bleibt das Echo der großen Wissenschaftsorganisationen erstaun­licherweise aus. Vor drei Wochen hatten sie die Uni Düsseldorf noch in einer gemeinsamen Erklärung ­wegen Verfahrensmängeln kritisiert und der Bundesbildungsministerin den Rücken gestärkt. Gestern hieß es unisono: kein Kommentar.