Essen. . Wissenschaftler aus Bochum und Dortmund erkunden die Stärken des Ruhrgebiets und wollen die Region international aufwerten. So könnte sich eine der ewigen Schwächen der Region, ihre Zersplitterung in viele Unterzentren, in Zukunft als Segen erweisen. Die Initiative des Regionalverbands Ruhr will dabei ein „Kompetenznetzwerk“ zur Erforschung des Ruhrgebiets etablieren.

Das Ruhrgebiet will sich seine Einzigartigkeit nun wissenschaftlich bescheinigen lassen. Getrieben von dem Gedanken, die besondere Geschichte, den Wandel und die Leistungsfähigkeit der Region herauszustellen, hat der Regionalverband Ruhr (RVR) zwei Hochschulinstitute gebeten, ein „Kompetenznetzwerk Ruhr“ auf den Weg zu bringen.

Ziel ist es, erklärt Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel, Ideen zu sammeln, die der Region auf dem Weg in die Zukunft helfen könnten. Dabei will das Netzwerk bereits bestehenden Forschungsprojekten keine Konkurrenz machen, sondern offen sein für weitere Akteure.

Weltweites Erfolgsmodell

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Von Christopher Onkelbach

Was bislang als große Schwäche des Ruhrgebiets galt, die Zersplitterung in viele Unterzentren und die Konkurrenz der Kommunen, könnte sich in Zukunft als Stärke erweisen, erklärt Prof. Christa Reicher, Stadtplanerin an der TU Dortmund. Wie das? „Polyzentral organisierte Regionen wie die Metropole Ruhr gelten weltweit als Erfolgsmodell für eine nachhaltige Entwicklung“, erklärt sie.

Wenn alles zentral organisiert ist, wie etwa in London, Tokio oder Paris, entstehe ein starkes Gefälle zwischen der City und den Randgebieten, etwa bei Mobilität, Wohnen und Arbeit, so Reicher. „Regionen mit vielen vernetzten Knoten funktionieren besser und sind zukunftsfähiger.“ Das Ruhrgebiet eigne sich hervorragend, um das wissenschaftlich nachzuweisen. Beispiel Lebensqualität: Wohnen, Leben, Arbeiten, Freizeit, Erholung – im Ruhrgebiet mit seinen vielen Grünzonen gebe es dazu beste Voraussetzungen, auch wenn man die Erwärmung der Ballungsräume durch den Klimawandel einbeziehe.

Industriekultur als Exportschlager

Prof. Stefan Berger, Direktor des Instituts für soziale Bewegungen an der Ruhr-Universität Bochum, übernimmt den zweiten Part der RVR-Initiative. Sein Team erforscht, welche Bedeutung die Industriekultur für die Region hat und was aus diesen „Erinnerungsorten“ in Zukunft werden könnte. Das Konzept der Industriekultur – Altes bewahren, es neu nutzen und zugleich die Geschichte pflegen – sei bereits ein Exportschlager. Geiß-Netthöfel bringt das Ziel des auf zwei Jahre angelegten Projektes auf den Punkt: „Wir wollen die Bedeutsamkeit des Ruhrgebiets sichtbar machen und den Standort international aufwerten.“