Berlin. . Wolfgang Wodarg ist Mediziner und war Gesundheitsexperte für die SPD-Fraktion im Bundestag. Heute setzt er sich mit „Transparency International“ dafür ein, dass strenge Regeln für alle Mediziner gelten. Korruption in der Medizin, sagt er, sei längst stärker verbreitet als in der Baubranche.

„Transparency International“ fordert seit langem, die Bestechung von Ärzten unter Strafe zu stellen. Wir sprachen darüber mit Wolfgang Wodarg, Arzt und früherer Gesundheitsexperte der SPD-Fraktion. ­Heute sitzt er im Vorstand der ­Korruptionsjäger-Organisation.

Muss die Bestechung von Ärzten unter Strafe gestellt werden?

Wolfgang Wodarg: Mit Sicherheit. In punkto Korruption hat der Gesundheitssektor der Baubranche längst den Rang ­abgelaufen. Das sagen uns die Kriminologen. Nach unseren Hoch­rech­nungen entstehen Schäden in Milliardenhöhe. Wir haben uns nach dem Informationsfreiheitsgesetz für mehrere Jahre alle Originalunter­lagen darüber geben lassen, was die Ärzte von der Pharmaindustrie kriegen, angeblich weil sie die Wirkung von Medikamenten beobachten.

Angeblich?

Wolfgang Wodarg: Es sind oft wissenschaftlich völlig unhaltbare Dinge. Da erkennt jeder Fachmann, dass nichts ­erwartet wird. Reine Formsache. Dabei handelt es sich um Scheinaufträge, um ­Ärzten Geld zukommen zu lassen, damit sie ihren ­Patienten bestimmte Medikamente verordnen.

Die Berufsverbände kriegen das nicht in den Griff?

Wolfgang Wodarg: Die Ärzte-Kammern bekommen von solchen Fällen wenig mit. Die ­kassenärztlichen Vereinigungen ­wissen es eher. Aber sie haben keine Kontrollinstrumente. Da wird mit Messer und Gabel der ­Garten umgegraben. Und außerdem: Eine Krähe hackt ungern der anderen ein Auge aus.

Eine Befragung ergab, dass etwa 20 Prozent der Ärzte die Verbotsnormen des eigenen Standes gar nicht kannte. Wie ist das möglich?

Wolfgang Wodarg: Die kümmern sich einfach nicht darum. Da ist eine Praxis eingerissen. Gehen Sie mal auf Kongresse. Da werden enorme Honorare für ­Vorträge bezahlt. Einer lässt sich schnell darauf ein. Der nächste sagt sich, „dann mache ich das auch“. Es gibt aber auch viele Ärzte, die sich schämen. Die sich zum Beispiel auf ­Kongressen nicht einladen lassen, sondern ihr Essen selber bezahlen.

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Ist der Bundesgesundheitsminister nun in Zugzwang?

Wolfgang Wodarg: Ja. Ich fürchte aber, dass der Minister auf Zeit spielt. Jetzt kommt der Wahlkampf. Die FDP hat ihre ­Klientel. Ich sehe da schwarz.