Düsseldorf. Die Bundesländer wollen einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot wagen. Doch es gibt auch kritische Stimmen. Armin Laschet, Chef der NRW-CDU, spricht von Aktionismus. Er warnt davor, dass das Vorhaben alles nur noch schlimmer machen könnte.

Der Chef der nordrhein-westfälischen CDU, Armin Laschet, ist gegen einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren. "Mein Eindruck ist, das ist Aktionismus der Innenminister, die mit ihren Sicherheitsbehörden bei der Aufklärung der NSU-Straftaten kläglich versagt haben", sagte Laschet am Sonntag. Die eigentliche Gefahr sei ein unkontrollierbar dahinwabernder rechtsextremer Untergrund, nicht aber die als Partei organisierte NPD, erläuterte er mit Blick auf die Mordserie der Terrorzelle NSU.

Er finde es richtig, dass sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Gegensatz zu den meisten seiner Länder-Amtskollegen skeptisch zeige, sagte Laschet. Ob die schwarz-gelbe Bundesregierung und der Bundestag bei dem Verbotsversuch mitziehen, ist offen. Der Bundesrat als Länderkammer hatte am Freitag beschlossen, vor dem Bundesverfassungsgericht das neue Verbotsverfahren gegen die NPD einzuleiten. Zustimmung dafür gab es auch vom rot-grün regierten NRW. Im Jahr 2003 war ein erster Versuch in Karlsruhe gescheitert.

Als Partei besser zu überwachen

"Ich bin sehr skeptisch, ob ein NPD-Verbot klug ist", sagte Laschet. "Dadurch, dass die NPD eine Partei ist, ist sie auch leichter zu beobachten. Man kennt die Kreisverbände, man kennt die Aktiven, man sieht die Rechenschaftsberichte. Das Ganze findet im Licht der Öffentlichkeit statt. Meine Sorge ist, wenn die NPD verboten würde, würde ein Großteil der Aktiven in den Untergrund gehen, in Kameradschaften abtauchen, sich in möglichen neuen Parteien organisieren - und die Lage könnte gefährlicher werden als sie heute ist."

Laschet betonte zwar, dass die NPD "sicher verfassungsfeindlich" sei, deswegen werde sie auch vom Verfassungsschutz beobachtet. "Aber nicht jeder, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird, wird gleich verboten", erläuterte der Chef der NRW-CDU. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte müsse gegebenenfalls sogar nachgewiesen werden, dass von der NPD eine akute Bedrohung für die Demokratie ausgehe. "Und das finde ich schwer begründbar, dass wir in Europa erklären, dass in Deutschland akut die Demokratie bedroht ist."

Bundestagspräsident strikt gegen Verbotsverfahren

Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ist gegen das Verbotsverfahren. Weil die Risiken größer seien als die erhofften Vorzüge, rät er von einer Beteiligung des Bundestags ab. Laschet bezeichnete die Möglichkeit eines neuen Scheiterns als "eine einzige Katastrophe". "Deshalb würde ich ähnlich wie Norbert Lammert sagen: die Finger davon lassen und Rechtsextremismus engagierter bekämpfen, aber nicht mit Parteiverbot!", sagte Laschet.

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Nach der Entscheidung der Länder für einen NPD- Verbotsantrag stehen Regierung und Bundestag allerdings unter Zugzwang, sich ebenfalls zu beteiligen. "Mir fehlt die Fantasie, dass sie uns alleinlassen", sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Unionsfraktionschef Volker Kauder rechnet trotz Bedenken mit einem eigenen Antrag des Bundestags, falls auch die Bundesregierung einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot unternehmen sollte. Die Grünen warnten allerdings vor Vorfestlegungen.

Fraktionschefin Renate Künast nannte zwei Bedingungen für eine Zustimmung ihrer Partei. "Die von den Ländern und dem Bund erklärte Abschaltung der V-Leute muss zweifelsfrei nachweisbar sein, und das Material muss beweisen, dass von der NPD eine konkrete Beeinträchtigung der freiheitlichen Grundordnung ausgeht", sagte sie der "Welt".

Die Bundesregierung bremst

Kauder erklärte, die Parlamentarier seien auf die Erkenntnisse von Bund und Ländern angewiesen. Jeder Abgeordnete müsse sich die Unterlagen selbst anschauen. "Und dann fällen wir eine Entscheidung." Nach Kauders Einschätzung wird, wenn sich wie die Länderkammer auch die Bundesregierung für einen NPD-Verbotsantrag entscheiden sollte, "eine Mehrheit im Deutschen Bundestag wohl auch diesen Weg gehen, trotz aller Bedenken, die da sind". Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, sagte der "Welt": "Jetzt warten wir erst einmal ab, zu welchem Ergebnis die Bundesregierung kommt."

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Aber auch in der Bundesregierung gibt es Zweifel an einem Erfolg eines Antrags. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuletzt angekündigt, das Kabinett werde womöglich erst im März entscheiden, ob es sich anschließt. In ihrer wöchentlichen Videobotschaft forderte sie die Bundesbürger auf, konsequent gegen Rassismus vorzugehen. Die Deutschen sollten sich für die immer noch bestehende Juden- und Ausländerfeindlichkeit "schämen".(dpa)