Berlin. . Der Bundesrat gibt grünes Licht für das NPD-Verbotsfahren, Bundestagspräsident Norbert Lammert erneuert seine Bedenken gegen den Plan: Bei dem NPD-Verbotsverfahren sind die Parteien sind hin- und hergerissen. Bei den Grünen stehen Hans-Christian Ströbele und Wolfgang Wieland für das Pro und Contra.
Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Der Bundesrat hat am Freitag in Berlin ein NPD-Verbotsverfahren auf den Weg gebracht. Der Beschluss ist durchaus umstritten. Prominentester Gegner: Bundestags-Präsident Norbert Lammert (CDU). Er sieht erhebliche Risiken. Vermutlich im März wollen die Länder den Antrag beim Verfassungsgericht stellen.
Allein die Materialsammlung umfasst 1000 Seiten und genau 2649 Belege gegen die NPD. Im Januar dürfte die Bundesregierung entscheiden, ob sie sich anschließt. Tendenz: Dafür. Danach ist der Bundestag gefragt.
Hessen: Risiken sind „beachtlich“
Im Bundesrat hat sich Hessen gestern enthalten. Begründung: Die Risiken eines Scheiterns seien „beachtlich“. Ähnlich argumentiert Lammert. Er vertritt keine Einzelmeinung, weder in der Union noch im Bundestag. Auch die Grünen sind hin- und hergerissen, selbst Experten wie die Innenpolitiker Wolfgang Wieland und Christian Ströbele. Sie stehen stellvertretend für die Pro-und-Contra-Lager in ihrer Fraktion.
„Ich habe mir meine Skepsis von 2002“ bewahrt“, erzählt Ströbele. Schon einmal haben die Länder, aber auch Bundestag und Regierung ein Verfahren gegen die NPD in Gang gesetzt. Es endete ein Jahr später blamabel. Das Verfassungsgericht Gericht stoppte das Verfahren, weil die Rolle der V-Leute in der NPD undurchsichtig war. Die Karlsruher Richter mussten die Möglichkeit einkalkulieren, dass die V-Leute des Verfassungsschutzes die NPD gelenkt hätten, letztlich: der Staat.
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Diesmal hat der Verfassungsschutz vorsorglich alle seine V-Leute aus der Führungsebene abgezogen. Dennoch bleibt Ströbele skeptisch. In der Materialsammlung von Bund und Länder müsste schon „sehr viel drin sein, um mich zu überzeugen.“ Wie Lammert befürchtet er einen „Solidarisierungseffekt“ in der rechten Szene mit der NPD. Ströbele: „Die brauchen keinen Wahlkampf mehr.“ Viele bei den Grünen sagen: Wir wollen den politischen Gegner sehen, wir wollen ihn offen bekämpfen.
Wieland, ein ehemaliger Berliner Justizsenator, führt das Pro-Lager an: „Es gibt ein Netzwerk von Gewalttätern. Jeder Schlag gegen die NPD schwächt das Netzwerk.“ Man müsse nicht erst warten, „bis ein Hinterzimmer-Redner nach der Macht greift.“ Es gebe neue Beweise für eine Identität von NPD und Kameradschaften. Und zuletzt hatten ehemalige Verfassungsrichter die Politik zu einem Verbot ermuntert: Hans-Joachim Jentsch mit einem Gutachten, das er und ein Mitarbeiter für die niedersächsische Regierung erstellten. Sein Richterkollege Winfried Hassemer erklärte dem „Spiegel“: „Wenn man das begründen kann, dass das vorliegende Material für ein Verbot reicht, dann muss man es machen - sonst riskiert man, dass dieses Schwert mit der Zeit einrostet.“
NRW: Material „so dicht wie nie“
Das Material wiederum, drei mal so viel wie 2003, gilt als „so dicht wie nie“, wie NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) beteuert. Es soll demnächst auch den Abgeordneten vorliegen. Wielands Tendenz ist klar: Er würde es auf ein neues Verfahren ankommen lassen. „Ich würde auf die Probe eingehen wollen“, sagt er.