Berlin. Der erneute Versuch, die NPD zu verbieten, stößt bei Bundestagspräsident Lammert auf Zweifel. Lammert erklärte in einem Medienbericht, der Bundestag sollte ein Verbot besser “bleiben lassen“. Lammert bezweifelt, dass die von den Ländern zusammengestellte Materialsammlung für ein Verbot ausreicht.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat sich gegen einen NPD-Verbotsantrag von Bundestag und Bundesrat ausgesprochen. Das angestrebte Verbotsverfahren sei "nicht durchdacht" und lediglich ein "Reflex" auf die Mordanschläge der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), sagte Lammert der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitagsausgabe). Er habe Zweifel, ob die von den Landesinnenministern zusammengestellte Materialsammlung für ein Verbot ausreiche. "Man soll es besser bleiben lassen", urteilte der CDU-Politiker.

Diese Auffassung habe er in Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen erläutert, sagte Lammert der "FAZ". Das Risiko, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Verbot des Bundesverfassungsgerichts aufhebe, sei groß. Der Bundestagspräsident hob hervor, der politische Einfluss der NPD sei "selten so gering wie heute" gewesen. Eine "akute Bedrohung der Demokratie", wie es die europäische Rechtsprechung fordere, könne für Deutschland nicht plausibel erklärt werden.

Lammert warnt vor rechter Gefahr

Lammert warnte, die rechtsextreme Szene in Deutschland sei weitaus größer und relevanter als die NPD selbst, so dass ein Verbot der NPD wenig ausrichten würde. Außerdem könne das Verbotsverfahren schon 2013 beendet werden. Der NPD würde damit das "famose Silbertablett" geliefert, als ausdrücklich nicht verbotene Partei in den Bundestagswahlkampf zu ziehen, gab Lammert zu bedenken. Mit einem Verbotsverfahren in Karlsruhe wachse zudem die Gefahr, "die latent rechtsextremen Wähler in ein Solidaritätsverhalten mit der NPD zu treiben".

Die Ministerpräsidenten der Länder hatten am Donnerstag für einen NPD-Verbotsantrag gestimmt. Die Klageschrift des Bundesrats soll Ende des ersten Quartals 2013 vorliegen. Neben dem Bundesrat sind auch Bundestag und Bundesregierung klageberechtigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies auf weiteren Prüfungsbedarf hin und kündigte an, die Bundesregierung entscheide erst kommendes Jahr, ob sie sich der Klage anschließe. (afp/rtr)