Damaskus. . In Syrien eskaliert immer mehr der Konflikt zwischen dem Assad-Regime und den Oppositionellen. Nun sollen sogar Mittenstreckenraketen zum Einsatz gekommen sein, die auch mit Chemiewaffen bestückt werden können. Berichtet wird auch von gefährlichen Napalm- oder Phosphor-Bomben.

Die Niederlage vor Augen, kennt Syriens Regime keine Grenzen mehr. Erstmals lässt Präsident Bashar al-Assad die eigene Bevölkerung jetzt auch mit Scud-Raketen und Brandbomben beschießen - eine neue Eskalationsstufe in dem erbarmungslosen Bürgerkrieg, der bisher mehr als 42 000 Menschen das Leben gekostet hat.

Nach amerikanischen Erkenntnissen wurden von der Luftwaffenbasis An Nasiriyah nördlich von Damaskus sechs der Mittelstreckengeschosse in Richtung Aleppo abgefeuert. Sie sollten dort die Sheikh Suleiman Kaserne treffen, die die Rebellen vor wenigen Tagen nach wochenlanger Belagerung erobert hatten. Augenzeugen hörten mehrere schwere Explosionen, Berichte von den angerichteten Zerstörungen jedoch gibt es bisher nicht.

Raketen haben Reichweite von 700 Metern

Die Scud-Raketen sind offenbar modernisierte Versionen aus Nordkorea, die 700 Kilometer weit fliegen und mit Giftgas-Sprengköpfen bestückt werden können. Erst letzte Woche hatte die Nato einem Gesuch der Türkei zugestimmt, in der Grenzregion zu Syrien Patriot-Abwehrraketen zu stationieren.

Präsident Bashar al-Assad verliere „mehr und mehr“ die Kontrolle über Syrien, erklärte am Mittwoch der russische Vize-Außenminister Mikhail Bogdanov gegenüber der Nachrichtenagentur Itar-Tass. „Man muss den Tatsachen ins Auge sehen, ein Sieg der Opposition kann nicht mehr ausgeschlossen werden.“ Die Anerkennung der „Nationalen Koalition“ durch die Konferenz der „Freunde Syriens“ in Marokko, das Waffentraining für die Kämpfer und die Waffenlieferungen aus dem Ausland würden die Aufständischen beflügeln.

Bogdanov zeigte sich überzeugt, die Kämpfe würden an Intensität zunehmen, mit Zehntausenden, vielleicht sogar Hunderttausenden weiterer Opfern. Er wiederholte erneut den Standpunkt Moskaus, im syrischen Bürgerkrieg gebe es keine Lösung mit Waffengewalt.

Kollaborateure beim Wachpersonal

Tags zuvor war der syrische Innenminister Mohammed Ibrahim al-Shaar verwundet worden, als Rebellen in Damaskus eine Autobombe und zwei weitere Sprengsätze direkt vor dem Eingang seines Ministeriums im Stadtteil Kafar Souseh zündeten. Neun Mitarbeiter starben, 23 wurden verletzt. Da nur offizielle Fahrzeuge des Ministeriums auf das Gebäude fahren dürfen, muss es unter dem Wachpersonal Kollaborateure gegeben haben.

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Am Mittwoch starben weitere 16 Menschen, darunter auch sieben Kinder, bei einem Bombenanschlag in Qatana, 25 Kilometer südwestlich von Damaskus. Das Attentat galt einem Wohnviertel für Armeeangehörige, erklärte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Angeblich auch Brandbomben über Wohngebieten

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf dem syrischen Regime vor, seit Mitte November auch Brandbomben über Wohngebieten abzuwerfen, die bei den Opfern schwerste Wunden hinterlassen, weil sich die Chemikalien durch Haut und Muskeln bis auf die Knochen durchfressen. Auf mehreren Videos sind von den Geschossen ausgelöste Feuer mit weißem Rauch zu sehen, die sich weder mit Wasser noch mit Sand löschen lassen. Augenzeugen berichteten von Verletzten mit schrecklichen Wunden, wie sie bisher unbekannt waren.

Nach Angaben von HRW handelt es sich um Clusterbomben aus russischer Produktion, die auf einem Gebiet von der Größe eines Fußfallfelds 48 Teilbomben freisetzen. Unklar ist, ob es sich bei den Brandchemikalien um Napalm oder weißen Phosphor handelt. Zuletzt vor einer Woche hatte US-Präsident Barack Obama die syrische Führung noch einmal eindringlich vor dem Einsatz von Giftgas gegen die eigene Bevölkerung gewarnt. Nach Erkenntnissen des Pentagon wurden danach verdächtige Aktivitäten in einigen der Chemiewaffendepots zunächst einmal eingestellt.