Essen. . Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger hat bei der Bilanzpressekonferenz am Dienstag mit der Vergangenheit des Konzerns abgerechnet: Seilschaften, blinde Loyalität und Manager, die sich über Regeln hinwegsetzten. Hiesinger fand aber auch noch lobende Worte.
Nach den Milliarden-Verlusten durch die Stahlwerke in Übersee und einer Vielzahl von Kartell- und Korruptionsfällen hat der Vorstandschef von Thyssen-Krupp, Heinrich Hiesinger, in einer Ruck-Rede einen Neuanfang gefordert.
Das Desaster bei den Stahlwerken „hat uns gezeigt, dass unsere Führungskultur an vielen Stellen des Unternehmens versagt hat“, sagte Hiesinger bei der Vorlage der Geschäftszahlen. „Seilschaften und blinde Loyalität waren oft wichtiger als unternehmerischer Erfolg.“ Fehlentwicklungen seien in dieser Kultur „lieber verschwiegen als korrigiert“ worden. „Und es herrschte offenbar bei einigen die Ansicht vor, dass Regeln, Vorschriften und Gesetze nicht für alle gelten.“
Nach der Rede ging der Aktienkurs nach oben
Trotz des historischen Konzernverlustes von fünf Milliarden Euro, vor allem verursacht durch eine notwendig gewordene Wertkorrektur der Stahlwerke um 3,6 Milliarden Euro nach unten, reagierte die Börse positiv. Der Aktienkurs legte um sechs Prozent zu, was zum Teil auch auf die Rede Hiesingers zurückgeführt wurde. Offenbar trauen die Anleger dem Vorstandschef zu, das Unternehmen aus der schweren Krise zu führen. Auch die Arbeitnehmervertreter sprachen sich für „einen echten Neuanfang“ aus.
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Hiesinger sagte weiter, bei dem Technologie- und Stahlkonzern werde ein „zeitgemäßer Anspruch“ an das Führungsverständnis etabliert. „Führungskräfte bei Thyssen-Krupp handeln ehrlich, vorbildlich und verantwortungsvoll.“ Seit seinem Amtsantritt im Januar 2011 hätten 50 Manager im Zusammenhang mit Verstößen gegen die „ordnungsgemäße Geschäftsführung“ gehen müssen. „Wir mauscheln nicht, sondern bohren nach. Wer da nicht mitzieht, hat bei Thyssen-Krupp nichts verloren“, so Hiesinger, der zugleich betonte, dass sich die große Mehrheit der Mitarbeiter tadellos verhalte.
Personalabbau? Steht nicht im Vordergrund
Der 52-Jährige kündigte an, die Führungsstrukturen deutlich zu straffen. Innerhalb der kommenden drei Jahre will Hiesinger insgesamt zwei Milliarden Euro durch verbesserte Abläufe und den Einkauf einsparen. Ein Personalabbau stehe dabei nicht im Vordergrund. Der Konzern beschäftigt 168 000 Mitarbeiter, etwa 80.000 davon in Deutschland. Hiesinger zeigte sich zuversichtlich, das Unternehmen aus der Krise führen zu können. „Wir sind fest entschlossen, Thyssen-Krupp wieder erfolgreich zu machen.“