Essen. Der Aufsichtsrat des Essener Thyssen-Krupp-Konzerns trifft sich am Montag. Er wird beschließen, dass die drei Vorstände Olaf Berlien, Edwin Eichler und Jürgen Claassen gehen müssen. Einen Bericht, wonach die Stahlsparte ausgegliedert werden soll, wies der Konzern zurück.
Am frühen Montagabend steht dem Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp die wohl einschneidendste Sitzung in seiner Geschichte bevor. Die Ablösung der drei Vorstände Olaf Berlien, Edwin Eichler und Jürgen Claassen ist zu beschließen. Es geht um den Jahresabschluss, der am Dienstag von Vorstandschef Heinrich Hiesinger vorgestellt wird, vermutlich erneut mit Wertberichtigungen von mehreren Milliarden Euro auf die Stahlwerke in Brasilien und den USA. Damit dürfte eine Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr hinfällig sein.
Und es geht auch um das, was sie intern das „neue Thyssen-Krupp“ nennen, einen „diversifizierten“, also auf mehreren Säulen ruhenden Industriekonzern mit deutlich schlankeren Führungsstrukturen. Es geht um den Abschied von alten Hierarchien, den Fürstentümern im Thyssen-Krupp-Land.
Es wird keinen neuen Technologie-Chef geben
Ausdruck der engeren Führung ist die Abschaffung von Positionen im Konzernvorstand, die eigentlich nur die operativen Einheiten gespiegelt hatten. Der Posten von Technologie-Chef Olaf Berlien als Konzernvorstand werde so nicht wiederbesetzt, heißt es. Es reiche aus, wenn etwa der Chef der gut laufenden Aufzugssparte direkt an Heinrich Hiesinger berichte. Einen neuen Stahl-Europa-Chef als Nachfolger von Eichler wird es geben, aber ebenfalls nicht mit Sitz im Konzernvorstand.
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Einen Bericht der Wirtschaftswoche, wonach Hiesinger eine Ausgliederung der Stahlsparte bis hin zum Börsengang prüfe, wies der Konzern zurück. „Die Darstellung ist nicht richtig.“ Allerdings werden der Stahlbereich und sein strategisches Umfeld derzeit intensiv überprüft. Hiesinger hatte allen Geschäftsbereichen eine jährliche Prüfung verordnet, im Stahl-Geschäft laufe die Analyse derzeit, auch mit externer Unterstützung. Zwischen Frühjahr und Sommer werde die Analyse vorliegen, heißt es im Unternehmen.
Stahl aus Spanien und Italien drückt auf die Preise
Hintergrund ist auch das stark veränderte Stahlgeschäft. Wegen der schwachen Konjunktur kommen große Mengen Stahl aus Spanien oder Italien auf den Markt, die auf die Preise drücken. Die Rohstoffkosten für die Stahlproduktion sind enorm gestiegen und sehr schwankungsanfällig. Der Anteil der beeinflussbaren Kosten sei in den letzten Jahren auf zehn Prozent gesunken. Zugleich wird die hohe Produktivität des Stahlgeschäfts und des Standorts Duisburg verwiesen. Im dritten Quartal schrieb das Stahlgeschäft in Europa schwarze Zahlen.
Was heißt das nun für den Stahlbereich in Europa mit 28 000 Mitarbeitern? Die Strategie-Prüfungen bleiben eine sich jährlich wiederholende Herausforderung, derzeit bleibt Thyssen-Krupp aber der „diversifizierte Industriekonzern mit Stahl“.