Berlin/Essen. . In Doha ringen 190 Staaten um Fortschritte gegen die Erderwärmung. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat sich für eine Reform der Konferenzen ausgesprochen. Er halte sie für „dringend erneuerungs- und ergänzungsbedürftig“. Auf eine Einigung der Welt sollte man nicht warten, mahnen Experten.
Eigentlich wollten die Europäer beim Weltklimagipfel in Doha (Katar) mit gutem Beispiel vorangehen. Der Ausstoß der Treibhausgase sollte bis 2020 statt um 20 Prozent sogar um 30 Prozent reduziert werden. Das wäre ein leichtes Versprechen, haben viele Länder doch bereits jetzt das 20-Prozent-Ziel erreicht. Doch bis zuletzt blockierte vor allem Polen den Plan.
Auch der deutsche Umweltminister Peter Altmaier (CDU) hatte in Doha außer Geld wenig anzubieten. Weitere Fortschritte verhinderte offenbar der koalitions-interne Streit mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Und die Bundeskanzlerin schweigt bisher, beklagen Umweltverbände.
Umwelt-Experten fordern Klima-Vorreiter - am besten aus Europa
Was bringen solche Großkonferenzen noch? Wie kann man den Klimawandel dennoch aufhalten?
Die Klimaschützer sind frustriert – wieder einmal. Nennenswerte Fortschritte waren bis zum letzten Tag nicht zu erkennen. Die EU ist zerstritten, Hoffnungen auf einen Sinneswandel der USA haben sich nicht erfüllt. Eine rechtlich bindende Verpflichtung zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes ist nicht in Sicht.
Deprimiert ist Manfred Fischedick, Vizepräsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie deswegen offenbar nicht: „Doha ist ein Zwischenschritt zu einem solchen Abkommen. Es soll als Nachfolge zum Kyoto-Protokoll 2015 beschlossen und 2020 in Kraft treten. Viel mehr ist jetzt nicht zu erwarten.“
Doch sollte man nicht auf eine globale Einigung warten, sondern mit dem Klimaschutz beginnen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz seien die wichtigsten Stellschrauben. „Es sind Vorreiter nötig, Europa, einzelne Staaten, Unternehmen, Städte“, sagt Fischedick.
EU will im kommenden Jahr weniger Emissionszertifikate vergeben
Was kann man außerdem tun?
Hinter dem Zertifikatehandel steckt ein simpler Plan: Wer CO2 emittiert, muss Zertifikate kaufen. Das soll zum Sparen anhalten. Das geht aber nur bei hohen Preisen. Daran hapert es beim Handel in der EU.
Zunächst wurden die Zertifikate kostenlos vergeben. Dann kam die Wirtschaftskrise nebst Produktionseinbruch sowie der Zuwachs erneuerbarer Energien. Betriebe bunkerten ungenutzte Verschmutzungsrechte. So kostet der Ausstoß pro Tonne CO2 nun etwa sieben Euro statt wie vorgesehen 30 Euro. Ab 2013 will die EU deshalb 900 Millionen Zertifikate weniger versteigern. Das soll den Preis hochtreiben.
Regionales Emissions-Handelssystem könnte dem Klima nützen
Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung schlägt gar einen weltweiten Handel vor: Jedes Land dürfte eine bestimmte Menge CO2 ausstoßen und überschüssige Rechte verkaufen. Doch dazu fehlt der politische Wille.
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Praktikabler wäre ein regionales Handelssystem. Das fordert auch Bernd Hansjürgens vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Aus seiner Sicht könnte der Zertifikatehandel den wichtigsten Beitrag im Kampf gegen die Erderwärmung leisten. Dazu müssten aber die größten CO2-Emittenten mitmachen.
Staaten kämpfen gegen andere Klimakiller wie Ruß und Methan
Laut Weltklimarat IPCC gehen 30 Prozent der Erderwärmung auf das Konto von Schadstoffen wie Ruß oder Methan. Anders als CO2 werden sie schneller abgebaut. Deren Reduzierung könnte helfen, die Erderwärmung rasch zu bremsen und diese bis 2050 um 0,5 Grad zu verringern. Solche Berechnungen stellten Forscher im Wissenschaftsmagazin „Science“ vor.
Zur Verringerung des Methanausstoßes könnte man Reisfelder öfter trockenlegen, Mülldeponien mit Folien abdecken und entweichendes Erdgas beim Bergbau auffangen. Der Ruß ließe sich durch Diesel-Filter oder einen Stopp der Brandrodung reduzieren.
Deutschland könnte jährlich bis zu 60 Millionen Tonnen CO2 sparen
Hierbei geht es um den effizienteren Umgang mit Rohstoffen und Energie. Ressourcen sparende Fertigungsmethoden, Technologien und Produkte sollen die Umwelt schonen und zugleich ein Wirtschaftswachstum ermöglichen – zum Beispiel sparsamere Motoren, Klimaanlagen, Wärmepumpen, Solarmodule und Recycling.
Das Fraunhofer-Institut für Innovationsforschung sieht gewaltige Effekte: Jährlich könnte Deutschland 60 Millionen Tonnen CO2 sparen. Manfred Fischedick gibt indes zu bedenken: „Es wäre ein Irrglaube, dass damit allein die Klimaziele erreicht werden könnten.“