Berlin. Vor apokalyptischen Szenarien warnen Klimaforscher, falls sich die Erde ungebremst erwärmt. Auf dem Weltklimagipfel in Doha in Katar ringt die Staatengemeinschaft um Lösungen, den Temperaturanstieg zu begrenzen. Doch die Erwartungen sind gering. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Klimagipfel.
190 Staaten ringen beim Welt-Klimagipfel in Doha (Katar) um Fortschritte bei der Begrenzug der Erderwärmung. Doch die Erwartungen auf einen Durchbruch sind gering.
Der Klimaexperte der Grünen, Hermann Ott, fordert daher einen „Klima-Club der Pioniere“, einige Staaten sollten mit gutem Beispiel vorangehen und die Bremser ignorieren. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Klimagipfel:
Um welche Themen soll es in Doha gehen?
Bei der Konferenz vom 26. November bis zum 7. Dezember steht die Verlängerung des Kyoto-Protokolls im Mittelpunkt, das Ende 2012 ausläuft. Es ist das einzige völkerrechtlich verbindliche Abkommen zur Treibhausgas-Verminderung. Demnach sollten die Industriestaaten ihren jährlichen Treibhausgasausstoß zwischen 2008 und 2012 um durchschnittlich 5,2 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Viele Staaten hinken ihren Vorgaben hinterher. Kanada etwa hat Ende 2011 den Kyoto-Vertrag aufgekündigt, weil es Strafzahlungen befürchtete.
Noch ist unklar, ob das Protokoll bis 2017 oder bis 2020 verlängert wird. Daneben werden die Vertreter aus 194 Staaten über die Finanzierung des Klimafonds GCF verhandeln. Er soll Entwicklungsländern bei der Bewältigung des Klimawandels helfen. Zwischen 2010 und 2012 haben die Industrieländer 30 Milliarden Dollar in den Fonds gezahlt. Ab 2020 werden jährlich 100 Milliarden Dollar benötigt. Die Finanzierung – auch zwischen 2013 und 2020 – ist aber unklar. Zudem sollten die Staaten Details für ein neues Klimaabkommen ausverhandeln, dass 2015 verabschiedet und voraussichtlich 2020 in Kraft treten soll.
Wie sind die Erwartungen an den Klimagipfel?
Gering. Zu neuen Verpflichtungen beim Klimaschutz, also Kyoto II, sind bislang die EU, Norwegen, die Schweiz und Australien bereit. Sie sind nur für elf Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich. Die EU hält an dem wenig ambitionierten Plan fest, den C02-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Dieses Ziel dürfte sie spielend erreichen, da sie nach einem EU-Bericht bereits bei 18 Prozent angelangt ist. Ein ehrgeizigeres Vorhaben – 30 Prozent minus – scheiterte am Widerstand Polens.
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Strittig ist auch der Umgang mit den etwa 13 Milliarden überflüssigen CO2-Zertifikaten. Wenn sich die Staaten nicht dazu durchringen, diese zu löschen, könnten sie bei künftigen Klimaschutzvereinbarungen angerechnet werden. Damit müsste man weniger CO2 reduzieren.
Wer sind weltweit die größten Bremser einer Einigung?
Bislang waren allen voran die USA und China als weltgrößte CO2-Verursacher nicht bereit, sich international bindenden Vorgaben zu unterwerfen. Doch auch Japan oder Russland wollen sich Kyoto II nicht anschließen.
Kann die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzt werden?
Die Chancen stehen schlecht. Ohne einschneidende Maßnahmen wird dies nicht möglich sein, so ein Bericht des UN-Umweltprogramms UNEP. Demnach steigt der globale CO2-Ausstoß bis 2020 auf 58 Gigatonnen. Für das Zwei-Grad-Ziel wären aber 44 Gigatonnen die Obergrenze. Experten der Initiative Climate Action Tracker gehen davon aus, dass die Temperatur bis Ende des Jahrhunderts im Schnitt um 3,3 Grad steigt. Im schlimmsten Fall sogar um 4,1 Grad.
Welche Chancen hat ein neues Abkommen ab 2020?
Hier sind die Aussichten vage. Es geht zunächst um die Klärung einiger strittiger Fragen. Etwa: Welches Land soll ab 2020 wie viel CO2 einsparen müssen? Klar ist aber: Wenn man den Klimaschutz ernst meint, dann müssten bei dem neuen Vertrag auch China, die USA, Japan, Russland und Brasilien mit ins Boot.
Könnte mehr Eigeninitiative den Klimawandel bremsen?
Es wäre jedenfalls hilfreich, wenn die Staaten ihre freiwillig vorgelegten Klimaziele verstärkten. „Wir brauchen einen Klima-Club der Pioniere, der eine Vorreiterrolle einnimmt“, forderte Grünen-Politiker Hermann Ott. Deutschland solle ab 2013 versuchen, den Prozess voranzutreiben. Hier müsse man keine Rücksicht auf Bremsernationen wie die USA nehmen, sagte der Klima-Experte.
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Völkerrechtlich wäre der Klima-Club machbar, sofern dessen Ziele der Klimarahmen-Konvention nicht widersprechen. Dies geht auch aus einem Gutachten für die grüne Bundestagsfraktion hervor, das dieser Zeitung vorliegt. Wegen der Mehrheitsverhältnisse und politischen Hürden sieht es den „Abschluss eines völkerrechtlichen Abkommens außerhalb des Klimaregimes als die rechtlich praktikabelste Möglichkeit, um eine Strategie der Klimapolitik der unterschiedlichen Geschwindigkeiten umzusetzen“.