Düsseldorf. . Die NRW-Regierung will ab 2013 die Zuschüsse für Arbeiterwohlfahrt, Caritas und Diakonie um 64 Prozent kürzen. Aus Sicht der Freien Wohlfahrtspflege ist das ein Vertrauensbruch der Ministerpräsidentin. Einigen Verbänden drohten betriebsbedingte Kündigungen, meinen Experten.

Wachsender Spardruck auf die NRW-Regierung löst ersten Widerstand im Land aus. Arbeiterwohlfahrt, Caritas oder Diakonie fühlen sich von geplanten Zuschuss-Kürzungen um 64 Prozent überfahren. In einem Brandbrief an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) protestieren sie: „Eine solch abrupte und überraschende Streichung der Mittel sechs Wochen vor Beginn des Haushaltsjahres stellt aus Sicht der Freien Wohlfahrtspflege einen Vertrauensbruch dar.“

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Das Schreiben, das der WAZ Mediengruppe vorliegt, ist auch an die Fraktionsspitzen von SPD und Grünen sowie Sozialminister Guntram Schneider (SPD) gerichtet. Er hatte mit seiner mündlichen Mitteilung, die Mittel für die Verbandsarbeit ab 2013 von 7,8 auf 2,8 Millionen Euro zu reduzieren, massiven Ärger ausgelöst. Beim Roten Kreuz wurde intern der Vorwurf erhoben, die Kürzung sei „fast ein Totschlag“ für die „Verantwortungspartnerschaft“ von Spitzenverbänden und Regierung.

Das geplante Minus von fünf Millionen Euro gehört zum Gesamt-Sparvolumen von 150 Millionen Euro im Haushalt 2013. Kommende Woche wird der Regierungsentwurf erstmals im Landtag beraten. Teils werden darin Zuschüsse „titelscharf“ gekürzt, teils auf Darlehen umgestellt, so Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen. Insgesamt will die Koalition bis 2017 strukturell eine Milliarde Euro einsparen.

„Unsensibler“ Minister

Die sechs Wohlfahrtsverbände merken in ihrem Brief an, die beabsichtigte Streichung stehe „im krassen Widerspruch zu allen politischen Verlautbarungen“. Noch vor einem Jahr habe Kraft ihre Arbeit als „Eckpfeiler unseres Sozialsystems“ gelobt. Kritisiert wird auch der Stil von Schneiders Vorgehen. Selbst Koalitionäre monieren hinter vorgehaltener Hand, der Minister habe „unsensibel“ agiert statt das Gespräch mit der Wohlfahrtspflege zu suchen.

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„Einigen Verbänden drohen jetzt betriebsbedingte Kündigungen“, warnt Britta Altenkamp, Vorsitzende der AWo Niederrhein. Dass die fehlenden Millionen durch Erträge aus den Glücksspiel-Konzessionen des Landes ausgeglichen werden könnten, hält sie für unrealistisch. „Die Ausfälle werden nicht eins zu eins durch Einnahmen aus dem Spiel 77 kompensiert werden“, sagt Altenkamp, die auch Vize-Chefin der NRW-SPD ist.

Die Verbände warten noch auf Antwort. In Schneiders Ministerium hieß es gestern nur, es würden Gespräche geführt. Und – man setze auf Deeskalation.