Berlin. . Gertrud Steinbrück, die Frau des SPD-Kanzlerkandidaten, gewährt einen seltenen Einblick in ihr Privatleben. Sie spricht über Sparsamkeit, ihren Lehrerberuf – und den Mann der Kanzlerin.

Natürlich geht die Klassenfahrt vor. Ja, was denn sonst? Soll sie sich den Terminkalender umschmeißen lassen, nur weil eine wetterwendische Partei den Gatten überraschend früher als geplant zum Kanzlerkandidaten ausruft? Nicht sie, nicht eine wie Gertrud Steinbrück.

Und so ist die von ihrem Beruf begeisterte Lehrerin für Biologie und Politik am Bad Godesberger Amos-Comenius-Gymnasium ei­nen Tag nach Peer Steinbrücks Kür unbeirrt mit 22 Schülern ihres Leistungskurses nach Kroatien gefahren. Um wie seit langem geplant Flora und Fauna der Karstküste Istriens zu erkunden.

Keine Ambitionen als „Landesmutter“

„Die Busfahrt dauerte 17 Stunden“, schwärmt sie jetzt im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“. „Wir haben geforscht, meist auf dem Bereich der Meeresbiologie, jeden Tag etwas anderes.“ Die Schüler seien „eine hinreißende Truppe“.

Stets unbeirrt geblieben zu sein von den politischen Ambitionen und Karrieresprüngen ihres Mannes, das ist etwas, woran Gertrud Steinbrück in höchstem Maße gelegen ist. Mit dem Begriff der „Landesmutter“ kann sie, die immerhin kurzzeitig auch einmal Ministerpräsidenten-Gattin in NRW gewesen ist, erklärtermaßen nichts anfangen.

Wert auf eigenes Leben

Sie habe sich „stark engagiert“, doch Wert darauf gelegt, ihr eigenes Leben zu führen, so blickt sie auf die Zeit zurück, in der ihr Mann in der Düsseldorfer Staatskanzlei residierte: „Politiker versehen ein Wahlamt, da gibt es nicht den Ehepartner als Beigabe, als Zufallsprodukt dazu.“

Nicht von ungefähr gilt ihre Hochachtung Joachim Sauer, dem spröden Physiker-Gatten Angela Merkels, der nicht einmal zugegen sein mochte, als der Bundestag 2005 seine Frau erstmals zur Kanzlerin wählte. „Herr Sauer macht es gut“, sagt Gertrud Steinbrück. „Er hält sich zurück und sucht selten bis nie die öffentliche Bühne, dafür habe ich großen Respekt.“

Ihre „grüne Seele“

Gertrud Steinbrück betont „meine grüne Seele“, wie sie es ausdrückt. Sie nimmt gern die Bahn statt den Flieger. In der Gründerzeitvilla der Steinbrücks wird niemals über 18 Grad Celsius geheizt. Selbst wenn Gertrud Steinbrück nur kurz verreist, wird der PC-Drucker ausgestöpselt, damit er nicht am Strom hängt.

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Für Gertrud Steinbrück hat sich die Absicht, nie mehr auch nur in die Nähe einer öffentlichen Bühne zu geraten, vor gut zwei Monaten vorläufig in Luft aufgelöst, genauer gesagt am Vormittag des 28. September. Gertrud Steinbrück stand wie üblich vor der Klasse: „Unsere Sekretärin kam mit einem Zettel zu mir, ich möge meinen Mann anrufen.“ Es sei aber nichts mit der Familie.

„Im politischen Schaufenster“

Diese hatte sich seit drei Jahren darauf eingerichtet, die Früchte des SPD-Debakels bei der Bundestagswahl 2009 zu genießen. Gatte Peer, der aus dem Amt gekegelte Ex-Finanzminister, tourte durch die Republik und hielt lukrative Vorträge. Dass seine Partei jemals noch auf die Idee kommen könnte, ihn erneut „ins politische Schaufenster“ zu stellen, will er bis vor wenigen Monaten nicht geahnt haben.

Ehefrau Gertrud war froh, den Mann öfters zu Hause zu haben. Auch sie sei ahnungslos gewesen: „Ich dachte, es handele sich um ein offenes Rennen.“ Die schnelle Entscheidung der Genossen fand sie „schon recht ungewöhnlich“. Umso größer das Entsetzen im Hause Steinbrück.

Es war Tochter Katharina, die darauf drängte, Vaters Karriere-Wende im Familienkreis zu diskutieren. „Alle Kinder kamen und wollten Auskunft“, berichtet die Mutter. „Mein Mann musste aussagen. Das war ein Gerichtstermin für ihn. Es ging hoch her.“

„Belastend und ehrenrührig“

Und der Stolperstart der Kanzlerkandidatur schien die Skepsis ja auch zu bestätigen. Als „belastend und ehrenrührig“ hat Gertrud Steinbrück die alsbald hereinbrechende Debatte über die Nebeneinkünfte empfunden. Die vergangenen Wochen seien für sie wie für ihre Kinder „wirklich hart“ gewesen.

Besuch von Peer Steinbrück

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Ob nun Peer Steinbrück Kanzler wird oder nicht, für seine Frau wird das Wahljahr in jedem Fall einen biografischen Einschnitt mit sich bringen: Die heute 63-Jährige geht im Sommer nächsten Jahres, zwei Monate vor der Wahl, in den Ruhestand. Sie bedauert es, die Schule wird ihr fehlen.