Gaza/Jerusalem. Im Ringen um eine Waffenruhe im Nahostkonflikt haben sich am Dienstagabend die Fronten wieder verhärtet. Nachdem eine Feuerpause in greifbarer Nähe zu sein schien, dämpfte die radikalislamische Hamas am späten Abend wieder die Hoffnungen.
Eine Waffenruhe im Gaza-Konflikt ist am Dienstag in greifbare Nähe gerückt - und doch trotz intensiver diplomatischer Bemühungen der USA und Ägypten ausgeblieben. In der Nacht zu Mittwoch gingen die Auseinandersetzungen zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas unvermindert weiter: Israelische Panzer und Kanonenboote feuerten auf Ziele im Gazastreifen, während militante Palästinenser von dort mindestens 200 Raketen auf südisraelisches Gebiet abschossen.
Derweil ließen israelische Regierungsvertreter und Sprecher der Hamas über ägyptische Vermittler mitteilen, dass Hoffnung auf eine baldige Feuerpause bestehe. Allerdings sei das noch lange nicht sicher. Zuvor hatte ein Hamas-Sprecher erklärt, eine Einigung sei schon für den (heutigen) Mittwoch möglich. "Israel hat nicht auf einige Forderungen reagiert, was ein Abkommen verzögert hat", sagte er weiter.
Derweil schaltete sich auch US-Außenministerin Hillary Clinton als Vermittlerin ein und rief nach ihrer Ankunft in Jerusalem am Dienstagabend zu einer dauerhaften Lösung im Konflikt zwischen Israel und radikalen Palästinensern im Gazastreifen auf. "Das Ziel muss ein tragfähiges Ergebnis sein, das die regionale Stabilität fördert und die Sicherheit und legitimen Erwartungen sowohl der Israelis als auch der Palästinenser voranbringt", sagte Clinton bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.
Netanjahu würde diplomatische Lösung begrüßen
Dieser erklärte, er würde eine diplomatische Lösung der Krise begrüßen. "Aber falls nicht, bin ich sicher, dass Sie verstehen, dass Israel alle nötigen Maßnahmen ergreifen muss, um sein Volk zu verteidigen", sagte Netanjahu bei dem nächtlichen Treffen in Richtung Clinton.
Die US-Chefdiplomatin äußerte indes ihr Bedauern über den hohen Blutzoll auf beiden Seiten, rief jedoch zugleich zu einem Ende der palästinensischen Raketenangriffe auf Israel auf. Das Bekenntnis der USA zur Sicherheit Israels sei "felsenfest", betonte Clinton. Sie wollte am (heutigen) Mittwoch auch mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas im Westjordanland und ägyptischen Regierungsvertretern in Kairo zusammentreffen.
Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die Raketenangriffe palästinensischer Extremisten, drängte Israel jedoch gleichzeitig zu "maximaler Zurückhaltung." Eine "weitere Eskalation nützt keinem", sagte Ban bei einem Treffen mit Netanjahu.
Bereits mehr als 130 Tote
Seit Beginn der jüngsten Offensive der israelischen Streitkräfte gegen militante Palästinenser vor knapp einer Woche sind im Gazastreifen mehr als 130 Menschen getötet worden. Auf israelischer Seite kamen fünf Menschen ums Leben. Am Dienstag wurden ein Soldat und ein ziviler Angestellter der israelischen Streitkräfte bei palästinensischen Raketenangriffen getötet. Im Gazastreifen waren nach Angaben der Gesundheitsbehörden mindestens 54 Zivilisten unter den Toten, rund 840 Menschen wurden verwundet, darunter 225 Kinder.
Im Gazastreifen wurden am Dienstag auch drei palästinensische Journalisten getötet. Wie der von der radikalislamischen Hamas betriebene Sender mitteilte, wurden zudem zwei Kameraleute bei einem israelischen Luftangriff getötet, obwohl ihr Wagen als Pressefahrzeug gekennzeichnet war.
Nach Angaben der Gesundheitsbehörden in Gaza wurde auch ein dritter Journalist getötet. Er habe für eine private Radiostation gearbeitet. Israel äußerte sich zunächst nicht dazu. Gezielte Angriffe auf Journalisten gab es bislang nicht.
Wenige Minuten vor dem Eintreffen von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Jerusalem feuerten palästinensische Extremisten eine Rakete in Richtung der israelischen Hauptstadt ab. Das Geschoss landete in einem offenen Feld südöstlich von Jerusalem. Es war das zweite Mal, dass die Stadt in dem Konflikt bei einem Raketenangriff ins Visier genommen wurde.
Derweil sei am Dienstagabend ein Haus in der zentralisraelischen Stadt Rischon Lesion von einer palästinensischen Rakete getroffen worden, sagte Polizeisprecher Micky Rosenfeld. Zwei Menschen seien bei dem Angriff verwundet worden.
Israelische Kampfjets warfen derweil Flugblätter über einige Gegenden im Gazastreifen ab, in denen Bewohner aufgerufen wurden, sich in Sicherheit zu bringen und sich entlang bestimmter Routen in das Zentrum von Gaza zu begeben. Palästinensische Extremisten riefen Bewohner jedoch auf, die Warnungen zu ignorieren und bezeichneten die Aktion als "psychologische Kriegsführung".
Die israelische Luftwaffe flog seit Beginn der Offensive am Mittwoch vergangener Woche fast 1.500 Angriffe. Die Hamas schoss mehr als 1.000 Raketen auf Israel ab. (dapd)