Istanbul. Onur U., der Hauptverdächtige im Mordfall Jonny K., könnte von der Türkei nach Deutschland ausgeliefert werden. Das sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nach ihrem Türkei-Besuch. Außerdem sprach sie mit ihrem türkischen Amtskollegen über die umkämpfte syrische Grenze.

Die türkische Regierung lehnt eine mögliche Auslieferung des Hauptverdächtigen im Mordfall Jonny K. nach den Worten von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nicht von vorneherein ab. Ihr Amtskollege Sadullah Ergin habe seine "Offenheit" in dieser Frage betont, sagte Leutheusser-Schnarrenberger am Freitag zum Abschluss ihres viertägigen Türkei-Besuches in Istanbul.

Wenn es ein entsprechendes Ersuchen aus Deutschland geben sollte, dann wolle die türkische Regierung dies "offen und konstruktiv prüfen".

Mord-Verdächtiger soll doppelte Staatsbürgerschaft besitzen

Nach dem Tod von Jonny K. in Berlin war der Hauptverdächtige Onur U. in die Türkei gereist. Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung will er sich den deutschen Behörden stellen.

Ob eine Auslieferung nach Deutschland in Frage kommt, falls er trotzdem in der Türkei bleiben will, ist unklar. U. soll neben der deutschen auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzen.

Justizministerin: Türkei kommt in Reformen voran

Leutheusser-Schnarrenberger sagte vor Journalisten in Istanbul, sie habe den Eindruck, dass Ergin die Justizreformen in der Türkei vorantreiben wolle. Das gelte unter anderem für die langen Untersuchungshaftzeiten. Die Ministerin erneuerte ihre Kritik an der Inhaftierung von mehreren Dutzend Journalisten in der Türkei.

Mit Blick auf ihren Besuch in einem Flüchtlingslager an der türkisch-syrischen Grenze sagte Leutheusser-Schnarrenberger, derzeit gebe es im EU-Rahmen keine Überlegungen für eine Aufnahme von syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen. Wenn sich die Lage an der Grenze weiter verschärfe, seien Gespräche darüber aber möglich.

Derzeit beherbergt die Türkei knapp 110.000 Syrer in Lagern im Grenzgebiet. Nach Angaben von Leutheusser-Schnarrenberger wollen die türkischen Behörden die Gesamtkapazität der Lage in Kürze auf rund 130.000 Plätze erhöhen. (afp)