Berlin. Innenminister Friedrich nimmt den Mord an dem 20jährigen Jonny K. zum Anlass, um für mehr Kameras an bestimmten Straßen und Plätzen zu werben. Die Opposition hält das für zweckfrei - Kameras lösten die Probleme nicht.

Die Ermordung eines jungen Mannes am Berliner Alexanderplatz hat eine Diskussion über die Ausweitung der Videoüberwachung in Deutschland ausgelöst. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte, er halte es für richtig, "dass an Plätzen oder Straßen, an denen es auffällig viel Kriminalität gibt, mehr Kameras installiert werden".

Das drängende Problem der Gewaltkriminalität in der Öffentlichkeit würde nach Ansicht der SPD dadurch jedoch weder verhindert, noch eingedämmt werden. Die Linke nannte Friedrichs Vorwürfe "unglaubwürdig und in höchstem Maße populistisch".

Erste Hinweise auf die Täter

Der 20-jährige Jonny K. war vor einer Woche am Alexanderplatz von mehreren jungen Männern bewusstlos geprügelt worden und erlag am Montag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Die Täter konnten bis jetzt noch nicht gefasst werden. Medienberichten zufolge ist die Polizei jedoch den Tätern, die zunächst unerkannt fliehen konnten, auf der Spur. In der Onlineausgabe der "Berliner Morgenpost" hieß es am Samstag unter Berufung auf Ermittlerkreise, es habe sich ein wichtiger Zeuge gemeldet, der einen der Täter namentlich kenne. Auch über die Wohnorte weiterer Mitglieder der Tätergruppe lägen der Polizei Angaben vor. Einige der Gesuchten sollen sich übereinstimmenden Medienberichten zufolge allerdings ins Ausland abgesetzt haben, vermutlich in die Türkei

Bundesinnenminister Friedrich sagte der "Welt am Sonntag", ihn habe "entsetzt, dass das Opfer offenbar ohne jede menschliche Regung kaltblütig ermordet wurde". Mehr Videokameras wären ein sehr effizientes Mittel, das auf viele abschreckend und präventiv wirke. "Gewalttäter wissen so, dass sie gefilmt werden. Videoüberwachung kann dazu beitragen, dass die Kriminalität zurückgeht", sagte Friedrich.

Opposition sieht keinen Nutzen in mehr Kameras

Der innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, hielt dem entgegen, dass dies nirgendwo zu mehr Sicherheit führen würde, "wohl aber zu einem Gefühl der totalen Überwachung". "Denn Täter wie jene vom Alexanderplatz in Berlin lassen sich nicht von Kameras abschrecken", betonte er. Zudem mische sich Friedrich mit seiner Forderung einmal mehr in Länderangelegenheiten ein. "Es ist zu befürchten, dass der Bundesinnenminister hier wieder nur Muskeln spielen lässt, die er nicht hat", sagte der SPD-Politiker.

Auch die Linke hält wenig von der Idee. "Mehr Videoüberwachung verhindert keine Gewalt", sagte der Linke-Bundestagsabgeordnete Jan Korte. Die Zunahme der Gewalt im öffentlichen Raum sei eine Folge "der sozialen Verrohung in unserem Land". "Und dafür verantwortlich ist die unsoziale Politik der letzten 20 Jahre", sagte er.

Der Kriminologie Christian Pfeiffer unterstützt Friedrichs Vorschlag dagegen. Sinnvoll sei zudem der Einsatz von Überwachungskameras an Brennpunkten, insbesondere in den Bahnhöfen und an Haltestellen, sagte der Direktor des Kriminologischen Instituts Niedersachsen der "Welt am Sonntag". Zudem halte er ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum für "empfehlenswert". (afp/dapd)