Essen. . Im Wettbewerb mit den Universitäten haben die Fachhochschulen aufgeholt. Ihre Absolventen genießen bei Unternehmen einen guten Ruf. Jetzt fordern die Rektoren auch das Promotionsrecht. Die Universitäten wehren sich: “Das bleibt Alleinstellungsmerkmal der Universitäten.“

Im Konkurrenzkampf mit den Universitäten holen die Fachhochschulen (FH) auf. Sie ziehen immer mehr Studenten an, sie punkten in der Forschung, ihre Absolventen sind in Unternehmen begehrt, weil sie näher an der Berufspraxis sind als Uni-Studenten. Nur eines ist ihnen bislang verwehrt: Sie können keine Doktortitel vergeben, das ist das alleinige Recht der Unis. Doch auch diese letzte Bastion könnte fallen.

Herbert Schulte vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft in NRW bricht eine Lanze für die Fachhochschulen: „Drei Viertel unserer Mitglieder sind sehr zufrieden mit den Bachelor-Absolventen von Fachhochschulen. Die vielen FH sind ein absoluter Standortvorteil für NRW. FH-Absolventen sind besonders schnell in den Arbeitsprozess zu integrieren.“ An den Fachhochschulen in NRW sind so viele Studenten eingeschrieben wie nie zuvor. Ihre Zahl stieg in zehn Jahren um mehr als 41 Prozent – von 83 702 auf 118 585 in diesem Wintersemester. Jeder fünfte Student im Land ist an einer FH eingeschrieben.

Angesichts dieses Booms wollen die Unis zumindest ihr Promotionsrecht verteidigen. „Das bleibt Alleinstellungsmerkmal der Universitäten“, stellte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler, vorsorglich klar.

Die Fachhochschulen werden besser in der Forschung und immer attraktiver für Studienanfänger. Mit ihrem Aufstieg rütteln die Fachhochschulen an einem alten Privileg der Universitäten: Sie wollen endlich auch den Doktor-Titel verleihen dürfen. Schon die Bologna-Reform, in deren Folge die gestuften Bachelor- und Masterstudiengänge entstanden, verwischte die Grenze zwischen den Hochschultypen. Denn der Master-Abschluss, ob an einer Fachhochschule oder an einer Universität erworben, berechtigt zur Promotion. So steht es im Hochschulgesetz des Landes NRW.

Krach unter Wissenschaftlern

Prof. Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, lässt indes wenige Gelegenheiten aus, die Fachhochschulen in ihre Schranken zu weisen: „Promotionen gehören an die Universitäten“, stellte er wiederholt klar. Davon fühlen sich die FH-Rektoren provoziert und sehen ihre Leistungen abgewertet. Sie sprechen Hippler ab, für alle Hochschulen im Lande zu sprechen und verweisen darauf, dass ihre Absolventen von der Wirtschaft mit offenen Armen empfangen werden. Als Beleg zitieren sie eine Erhebung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (idw) in Köln. Danach geben „neun von zehn Unternehmen an, dass sie zwischen FH- und Uni-Absolventen keinen Unterschied machen“.

Prof. Martin Sternberg, Präsident Hochschule Bochum, hat für die Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen einen geharnischten Brief an seinen Kollegen Horst Hippler geschrieben. Er zielt darin zwar nicht auf das Promotionsrecht, aber er nimmt die neuen Bachelor-Studiengänge gegen Kritik der Universitäten in Schutz. In dem Brief spiegelt sich das gestiegene Selbstbewusstsein der Fachhochschulen. Denn mit dem Bachelor, an vielen Unis noch das ungeliebte Kind, haben die FH weniger Probleme. „Oft herrscht in Unis die Vorstellung, dass der Bachelor kein berufsbefähigender Abschluss sei, sondern eine Art Weiterentwicklung des Vordiploms. Der eigentliche Abschluss sei der Master. Das stimmt aber nicht. Wir haben unsere Studierenden immer schon nahe am Beruf ausgebildet“, sagte Sternberg dieser Redaktion. Und er fügt einen Satz hinzu, der knallt: „Wer heute schon genau weiß, dass er Wissenschaftler werden will, dem würde ich zur Universität raten. Alle anderen sind heute an einer Fachhochschule besser aufgehoben.“

Bessere Betreuung an den Fachhochschulen 

Die Fachhochschulen sind bei Studierenden wegen ihrer Überschaubarkeit, der besseren Betreuung, der Praxisnähe und ihrer Anbindung an die regionale Wirtschaft beliebt. Vom Studienabschluss bis zum Berufseinstieg ist es für gute Absolventen oft nur ein kleiner Sprung. Das spricht sich rum. So vergrößerte sich die FH Südwestfalen (Iserlohn, Hagen, Soest, Meschede, Lüdenscheid) in zehn Jahren von 4000 auf 10 000 Studenten. Nur ein Beispiel unter vielen.

Der Streit um das exklusive Promotionsrecht schwelt seit Jahren. Viele FH-Rektoren wollen in die erste akademische Liga aufsteigen, die Universitäten blockieren dies, wo sie können. Diese Haltung veranlasste den Wissenschaftsrat, der die Politik in Hochschulfragen berät, bereits 2010 zu einer unmissverständlichen Stellungnahme: Die Experten beklagten die „mangelnde Bereitschaft von Universitäten“, geeigneten FH-Absolventen eine Promotion zu ermöglichen und fordern die Unis „nachdrücklich“ auf, „verlässliche Perspektiven“ für eine Promotion zu eröffnen. Andernfalls könne es in Zukunft für die Unis schwer werden, das alleinige Promotionsrecht zu behalten.

Mehr Kooperation

Diesen Wink haben die Uni-Rektoren in NRW verstanden. Ursula Gather, Rektorin der TU Dortmund und Sprecherin der Uni-Rektoren in NRW, räumte in einer Stellungnahme der Landesrektorenkonferenz ein: „Unser Ziel muss es sein, durch eine verbesserte Kooperation zwischen Universitäten und Fachhochschulen die Leistungsfähigkeit des Hochschulsystems im Ganzen zu erhöhen.“ Das Promotionsrecht der Unis verteidigte sie allerdings.

Auch Ulrich Radtke, Rektor der Universität Duisburg-Essen, betont bei aller Bereitschaft zu Kooperationen, dass Fachhochschulen in der Forschung nicht so stark sein können wie Universitäten: „Ihnen fehlen die Forschungsgelder, die Mitarbeiter, die Ausstattung und die Zeit“, da FH-Professoren höhere Lehrverpflichtungen haben. Allein die Uni-Promotion garantiere die wissenschaftliche Qualität.