Düsseldorf.. Seit 2002 läuft der Umbau der Hochschulen. Über den Erfolg von Bachelor und Master gehen die Meinungen auseinander. Während der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz den Wert der neuen Abschlüsse anzweifelt, ist NRW zufrieden. Wissenschaftsministerin Svenja Schule verteidigt den Bachelor als “vollwertigen Abschluss“.

Solch klare Worte vernimmt man selten aus dem akademischen Elfenbeinturm. Horst Hippler, Karlsruher Professor und Präsident der deutschen Hochschulrektoren, hat zehn Jahre nach dem Start der Studienabschlüsse „Bachelor“ und „Master“ eine vernichtende Bilanz gezogen. „Eine Universität muss mehr leisten als Ausbildung, nämlich Bildung. Das tut sie mit dem Bachelor nicht“, sagte er der „Süddeutschen ­Zeitung“.

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Es sei falsch, junge ­Menschen in nur sechs Semestern durch die Hochschulen zu schleusen. Selbst die Wirtschaft habe dem „Jugendwahn“ längst abgeschworen, Unternehmen suchten heute „Persönlichkeiten, nicht nur ­Absolventen“.

Freiräume selbst gestalten

Das Echo aus NRW, dem Land mit der höchsten Hochschuldichte in Europa, ließ nicht lange auf sich warten. „Der Bachelor ist ein vollwertiger Hochschulabschluss, den man nicht kleinreden sollte“, widersprach NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD). Die Akzeptanz in den Unternehmen sei groß, sonst läge die Arbeitslosigkeit bei „Bachelor“-Absolventen nicht bei weniger als drei Prozent. „Es liegt in der Verantwortung der Hochschulen, die Lernmodule so zu gestalten, dass den Studierenden mehr Freiräume zur Persönlichkeitsentwicklung bleiben. Das steht nicht im Widerspruch zur Bologna-Reform“, so die Ministerin.

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Bologna – die norditalienische Stadt als Wiege des europäischen Hochschulwesens im 12. Jahrhundert – ist Namenspatronin für den Prozess der internationalen ­Angleichung der Studienord­nungen, der vor zehn Jahren begann. Die deutschen Abschlüsse Magister und Diplom werden seither systematisch ersetzt durch das Kurzstudium „Bachelor“, das mit weiteren vier Semestern zu einem „Master“ veredelt werden kann.

Im Prüfungsjahr 2011 haben ­allein in NRW 33 730 Studierende die Hochschulen schon nach sechs Semestern mit dem „Bachelor“-Zeugnis wieder verlassen. Seit dem Wintersemester 2011/12 sind auch die großen Lehramtsstudiengänge an Rhein und Ruhr auf die neue Studienstruktur umgestellt. War die größte Umwälzung der deutschen Hochschullandschaft am Ende doch ein Irrtum?

Professor Martin Sternberg, Vorsitzender der Rektoren der NRW-Fachhochschulen, protestiert: „Die Akzeptanz der Bachelor-Absolventen auf dem Arbeitsmarkt ist zurecht sehr hoch.“ Zwar gebe es in einzelnen Branchen wie im Baubereich eine heimliche Sehnsucht nach dem Diplom-Titel, insgesamt werde die Reform aber gut angenommen. Sternberg wirft dem Hochschulrektoren-Präsidenten Hippler vor, unnötig einen Widerspruch zwischen den neuen Abschlüssen und einer umfassenden Persönlichkeitsbildung zu konstruieren: „Keine Hochschule ist daran gehindert, den Studierenden Freiräume und alternative Bildungsangebote zu verschaffen.“

Zu wenig Plätze für „Master“

Wissenschaftsministerin Schulze hat mit den NRW-Hochschulen zuletzt eine Selbstverpflichtung verabredet, um die Studienbedingungen zu verbessern. Fach für Fach solle durchforstet werden, „wo Kritik an Prüfungsdichte, Anwesenheitspflichten oder am Übergang vom Bachelor zum Master berechtigt ist“, so Schulze. Allen Mängeln zum Trotz gebe es unbestreitbare Erfolge: Die Studienzeiten seien kürzer, die Abbrecherquoten rückläufig, die Zahl der Auslandaufenthalte höher.

Auch der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) fällt ein differenziertes Urteil: „Die Studienreform ist eine gute Sache, die Umsetzung krankt etwas“, so VDI-Sprecher Marco Dadomo. Die Studiengänge und besonders der Bachelor seien zu theorielastig. Ursula Gather, Vorsitzende der NRW-Hochschulrektoren, warnt vor einem ganz anderen Problem: der fehlenden Finanzierung zunehmend notwendiger Master-Plätze. „Befähigten und studienwilligen Bachelor-Absolventen“, so die Rektorin der TU Dortmund, „muss die Möglichkeit geboten werden, einen adäquaten Masterstudienplatz zu finden.“