Berlin. Die Linke will eine Bundestagsabstimmung über die Abschaffung der Praxisgebühr im November erzwingen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schließt derweil Änderungen an der Praxisgebühr nicht mehr aus. Sie denke “intensiv über die Argumente, die da vorgebracht werden, nach“.
Die Linke will eine Abstimmung über die Abschaffung der Praxisgebühr im Bundestag noch im November erzwingen. „Schwarz-Gelb blockiert seit dem Frühjahr einen Antrag auf Abschaffung der Praxisgebühr im Gesundheitsausschuss. Damit ist nun Schluss. Wir werden noch im November den Bundestag über die Praxisgebühr abstimmen lassen“, sagte Parteichefin Katja Kipping den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Dazu will sie ihren Antrag erneut auf die Tagesordnung setzen lassen. „Die FDP muss sich dann entscheiden, ob ihr die Bürger näher sind oder ihre Ministersessel“, sagte Kipping.
Der Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Christoph Straub, warnte derweil vor einer vorschnellen Abschaffung der Praxisgebühr. „Populäre Schnellschüsse sind hier keine Lösung“, sagte Straub der WAZ-Gruppe. „Stattdessen sollten wir uns nach der Bundestagstagswahl die Steuerungswirkung und Belastungsgerechtigkeit sämtlicher Zuzahlungen anschauen."
Kanzlerin Merkel zieht Abschaffung der Praxisgebühr in Betracht
Bundeskanzlerin Angela Merkel ist von ihrem strikten Nein gegen eine Abschaffung der Praxisgebühr abgerückt. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag in Berlin, die Kanzlerin denke intensiv über die Argumente nach, die für oder gegen die Gebühr vorgebracht würden. "Die Bundeskanzlerin betrachtet das Gesamtbild, das sich jetzt im Gesundheitsfonds und auch bei den gesetzlichen Krankenkassen bietet." In den vergangenen Monaten hatte Merkel dagegen wiederholt erklären lassen, dass die Praxisgebühr aus ihrer Sicht nicht zur Disposition stehe.
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Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass Krankenkassen und Gesundheitsfonds trotz steigender Arzneimittel- und Behandlungskosten in diesem Jahr ein Milliardenplus einfahren werden. Der Grund dafür ist vor allem die gute Arbeitsmarktlage.
Krankenkassen wollen Praxisgebühr erstatten
Erste Krankenkassen haben bereits angekündigt, wegen der guten Finanzlage ihren Mitgliedern die Praxisgebühr ab dem kommenden Jahr zu erstatten. Die Techniker Krankenkasse beschloss am Freitag, die Praxisgebühr im kommenden Jahr zu erstatten und einen Bonus auszuzahlen. Mit rund sechs Millionen Mitgliedern ist die TK die zweitgrößte gesetzliche Krankenkasse. Am Vortag hatte die KKH Allianz angekündigt, die Praxisgebühr ab 2013 zurückzuzahlen.
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Für die Abschaffung der Gebühr macht sich unter anderem Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) stark. Sein Sprecher bekräftigte am Freitag, aus Sicht des Ministeriums bestehe kein Grund für die Beibehaltung der Praxisgebühr, die nachweislich ihre Wirkung verfehlt habe und "verkorkst" sei.
Die Abgabe von zehn Euro wird seit 2004 beim ersten Arzt- und Zahnarztbesuch im Quartal sowie bei jedem Facharztbesuch ohne Überweisung fällig. Gesundheitsexperten quer durch die Parteien und Ärzteverbände lehnen sie ab. (mit dapd)