Rostock. . Auf ihrem Deutschlandtag in Rostock präsentiert sich die Junge Union pflegeleicht und harmoniebedürftig. Ein Jahr vor der Bundestagswahl ist keine Zeit für Kritik an der CDU-Führung. Bundeskanzlerin Merkel und Umweltminister Altmaier wurden gefeiert, Philipp Mißfelder als Vorsitzender wiedergewählt.
Plötzlich kracht es doch noch richtig. Wenn auch an unerwarteter Stelle: bei Armin Laschets Brille. Während des Frühstücks ist das gute Stück zu Bruch gegangen. Mit zusammengekniffenen Augen steht der Landeschef der NRW-CDU nun auf der Bühne der Rostocker Stadthalle und findet nette Worte für das neue Grundsatzprogramm der Jungen Union (JU). Es folgen einige Helmut-Kohl-Lobhudeleien, ein Appell an die Grundsätze und Eigenständigkeit der Union und das Versprechen auf zwei Fässer Bier von der NRW-CDU. Besten Dank, artiger Applaus!
Ja, auf ihrem Deutschlandtag präsentiert sich die JU pflegeleicht und harmoniebedürftig. Ein Jahr vor der Bundestagswahl ist nicht die Zeit für Kritik an der Parteiführung. Die eigenen Reihen schließen, auf den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück einhacken, ein neues Grundsatzprogramm beschließen und Dauerchef Philipp Mißfelder erneut im Amt bestätigen – darum geht es an diesem Wochenende in Rostock.
280 Delegierte feiern Kanzlerin Merkel mit stehenden Ovationen
Bereits zum Auftakt feiern die 280 Delegierten Kanzlerin Angela Merkel mit stehenden Ovationen. Der Nachwuchs aus Bayern schwenkt blau-weiße Fahnen, auf einem Ipad blinkt der Name „Angela“ wie auf einem Reklameschild auf. Das war nicht immer so. Vor drei Jahren hatte die Kanzlerin die Junge Union schwer vergrätzt, weil sie seinerzeit nicht zum Deutschlandtag kam. Danach war das Verhältnis erst einmal frostig.
Dieses Mal könnte das Rententhema für jede Menge Zündstoff sorgen. Die JU lehnt das Modell der Zuschussrente von Arbeitministerin Ursula von der Leyen (CDU) vehement ab. Sie favorisiert das kürzlich vorgestellte Konzept junger Abgeordneter von Union, darunter Mißfelder, und FDP, das eine Stärkung der privaten und betrieblichen Eigenvorsorge vorsieht. Geschickt umgarnt Merkel den Unions-Nachwuchs: „Es ist ein guter Vorschlag, zu überlegen, ob man das private Element bei der Rente stärken sollte“, sagt die CDU-Chefin. „Das war ein wichtiges Signal“, meint der JU-Landeschef aus NRW, Sven Volmering, anschließend. Nicht nur bei der Rente sucht Merkel den Schulterschluss mit den Delegierten, sondern auch beim Netzausbau und der Netzpolitik.
Mißfelder mit 86,54 Prozent zum alten neuen JU-Vorsitzenden gewählt
Für kritische Nachfragen an die Kanzlerin bleibt im Trubel der Glückseligkeit so gut wie kein Platz. Stattdessen schlägt Volmering vor, man möge Merkel erneut für die Kandidatur zur CDU-Chefin vorschlagen. Gesagt, getan, geklatscht.
„Wir werben dafür, dass Angela Merkel Deutschland weiterhin sicher durch die Krise führt“, verspricht Mißfelder der Kanzlerin und wirbt vehement für eine Fortführung der schwarz-gelben Koalition, sofern es denn nach der Wahl dazu reicht. Für dieses Ziel kann sich der 33-Jährige jedenfalls in der ersten Reihe einsetzen. Mit 86,54 Prozent wählen ihn die Delegierten zum alten neuen Vorsitzenden. Gegenkandidaten gibt es mal wieder nicht.
JU für die Abschaffung des Biosprits E10 aus
Bis Sonntag wollen die Delegierten der 18 Landesverbände ihr seit 1995 geltendes Grundsatzprogramm neu fassen. Dazu liegen fast 2000 Änderungsanträge vor. Dabei spricht dich die JU für die Abschaffung des Biosprits E10 aus. Dafür scheitert ein Antrag knapp, der die Ablehnung des umstrittenen Beutreuungsgeldes vorsieht.
Dann wird es richtig kuschelig. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) betritt die Bühne. Er sei einer der „Lieblinge der Jungen Union“, frohlockt Mißfelder. Der Gelobte die die Blumen artig zurück. „Der Philipp“ sei nicht irgendein Vorsitzender, sondern habe überall seine Spuren hinterlassen. Altmaier wirbt vehement für die Energiewende. Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien könne gezeigt werden, dass wirtschaftliches Wachstum und eine nachhaltige Umweltpolitik kein Widerspruch seien, sondern sich ergänzen können. Altmaier bittet die JU-Delegierten, sich die Energiewende auf die Fahren zu schreiben. Stehende Ovationen, minutenlanger Applaus. Es folgt eine höfliche Fragerunde – ohne nennenswerte Kritik. Aber darum geht es auch nicht in Rostock. Vielmehr um die Botschaft: „Wir stehen hinter der Partei“, wie Volmering es sagt.