Denver. Mitt Romney und Barack Obama trafen im ersten TV-Duell vor der US-Präsidentschaftswahl aufeinander. Ein bisschen mehr Kampflaune Obamas hätte der Debatte gut getan. Der Amtsinhaber wirkte ausgelaugt, manchmal sogar abwesend. Ein Kommentar.

In Denver hat das Endspiel um die amerikanische Präsidentschaft begonnen. Nach dem ersten Drittel lässt sich schon mal festhalten: Diese Partie wird weder was fürs Auge. Noch fürs Herz. Vom Verstand – vielen Zuschauern wird ob der aus ganz verschiedenen Rechnern stammenden Zahlenwüsten noch immer der Kopf schwirren - ganz zu schweigen. Barack Obama und Mitt Romney sind über den Zustand der kühl temperierten Schuldzuweisungen nicht hinausgekommen.

Herausforderer Romney hatte in punkto Haltungsnoten die bessere Nacht. Er gab (angesichts der katastrophalen Umfragenwerte) notgedrungen den aggressiveren, nach vorne drängenden Part. Leider hängt, das zeigt die Erfahrung nach einem Jahr Wahlkampf-Beobachtung, nahezu jeder seiner Versprechungen und Lagebeurteilungen der Zweifel der Unwahrheit nach.

Obama versuchte präsidial über den Dingen zu stehen und den Angreifer höflich ins Leere laufen zu lassen. Misslungen. Der Amtsinhaber wirkte ausgelaugt, manchmal sogar abwesend. Die Verteidigung seiner Leistungsbilanz, die gemessen an der von George W. Bush hinterlassenen Ausgangslage so schlecht gar nicht ist, geriet ihm seltsam halbherzig und pflichtschuldig. Ein bisschen mehr Kampflaune Obamas hätte der Debatte gut getan.

Obama muss Romney stellen - sonst fällt er selbst

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Mitt Romney blieb bei genauem Zuhören so unverfroren vage und unbestimmt, wie er es seit Monaten ist. Der Verdacht, dass es seinen politischen Konzepten vor allem in punkto Steuern, Staatsausgaben und Wahrung eines gewissen sozialen Gleichgewichts an Substanz, mathematischer Logik und schlichter Wahrhaftigkeit gebricht, hat sich weiter verfestigt. Die Prüfberichte der Faktenchecker werden es in den nächsten Tagen ans Licht bringen. Ob der Amtsinhaber, der in diesem Leben kein Debatten-König a la Bill Clinton mehr wird, über den Tag hinaus seine Wahlchancen geschmälert hat, ist pure Spekulation. Noch sind alle Umfragenwerte konstant auf seiner Seite.

Seine Taktik, Romney nur als netten Vertreter einer völlig verqueren Denkschule erscheinen zu lassen, dem die Pantoffeln im Weißen Haus ein paar Nummer zu groß sind, bedarf allerdings der Nachjustierung.

Romney ist nicht nett. Seine auf Video festgehaltene Sozialschmarotzer-Suada gegen weite Teile der amerikanischen Bevölkerung, genauer: 47 % , hat weit mehr Gewicht als der passable Auftritt in Denver. Obama muss ihn stellen. Oder er fällt selbst.