Fulda. Der neue Ökumene-Bischof der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Gerhard Feige, will sich entschieden für ein gemeinsames Reformationsgedenken mit den evangelischen Christen einsetzen, wenn sich das Ereignis 2017 zum 500. Mal jährt. Warum, erklärt er im Interview
Nachdem der bisherige Ökumene-Bischof Gerhard Ludwig Müller von Regensburg in den Vatikan gewechselt ist, übernimmt nun ein ausgewiesener Praktiker im Miteinander von Katholiken, Protestanten und Orthodoxen den schwierigen Vermittler-Job. Auf ihrer Herbsttagung in Fulda hat die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) den Magdeburger Bischof Gerhard Feige zum neuen Vorsitzenden ihrer Ökumene-Kommission gewählt. Thomas Rünker sprach mit Feige über Fortschritte und Hindernisse im Miteinander der christlichen Konfessionen.
Bischof Feige, ihr Bistum umfasst die Lutherstädte Wittenberg und Eisleben, zudem sind sie schon lange „auf ökumenischer Spur“, wie eines Ihrer Bücher heißt. Ihre Mitbrüder hätten kaum einen besseren Ökumene-Bischof finden können, oder?
Feige: Die Wahl freut mich. Sie ist aber auch eine große Herausforderung, vor der mir schon ein bisschen bange ist. Ich möchte mich zum einen in Richtung der evangelischen Christen engagieren, zum anderen ist mir aber auch der Kontakt zu den Orthodoxen ein Herzensanliegen.
Mit Blick auf die Protestanten dürfte eine der größten Herausforderungen das 500-jährige Reformationsjubiläum im Jahr 2017 sein. Wie wird sich die katholische Kirche da beteiligen?
Feige: Das ist noch nicht klar. Es fängt ja schon damit an, dass wir lieber von einem Reformationsgedenken sprechen, weil die meisten Katholiken mit der Reformation eine tragische Entwicklung verbinden und dies nicht bejubeln können.
Warum lassen Sie die Protestanten dann nicht einfach alleine feiern?
Feige: Die evangelische Kirche kann ein solches „Jubiläum“ heute nicht mehr so begehen wie noch 1917, wo jede Konfession auf Abgrenzung zu den anderen bedacht war. Dafür hat sich seitdem in der Ökumene viel zu viel bewegt. Nun müssen wir schauen, ob und was eventuell gemeinsam möglich ist. Auf wissenschaftlicher Ebene gibt es bereits eine Reihe von Projekten. Doch mir fehlen noch konkrete Ideen auf Ebene der Kirchen. Die Evangelische Kirche hat uns schon mehrfach eingeladen, uns am gemeinsamen Gedenken zu beteiligen. Aber wie das genau aussehen kann, ist noch offen.
Trotz der Erfolge in der Ökumene in den vergangenen 100 Jahren hat sich aus Sicht vieler Christen zuletzt zu wenig bewegt. Unlängst haben Politiker und Prominente mit einem neuen Aufruf „Ökumene jetzt!“ gefordert. Die Grundlagen für die Einheit von Katholiken und Protestanten seien längst da, behaupten die Unterzeichner, sie müssten nur umgesetzt werden.
Feige: Ich bin sehr dankbar für jeden, der sich leidenschaftlich für die Ökumene einsetzt. Aber mit ihrer Forderung haben es sich die Unterzeichner meiner Meinung nach zu einfach gemacht. Ähnlich könnten wir Bischöfe von der Politik ,Soziale Gerechtigkeit jetzt!‘ fordern und darauf verweisen, dass auch dazu alle wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt seien. Ökumene ist kein Luxus, keine Nebensächlichkeit – die Einheit der Kirche ist ein Auftrag Jesu. Die Ökumene muss auf allen Ebenen Fortschritte machen. Die theologische Wissenschaft ist da sehr wichtig, aber ihre Erkenntnisse müssen auch bei den Menschen ankommen und sich durchsetzen.
Auch interessant
Auf derartige Fortschritte warten zum Beispiel die vielen Ehepaare mit einem katholischen und einem evangelischen Partner, die gerne gemeinsam die Kommunion empfangen würden. Können Sie diesen Paaren Hoffnung machen?
Feige: In meinem Bistum Magdeburg trauen wir mittlerweile mehr Ehen zwischen Christen und Konfessionslosen als konfessionsverschiedene Paare. Damit will ich die Sorgen dieser Eheleute nicht klein reden, aber doch zeigen, wohin der Trend geht. Ohne Zweifel müssen wir uns der Problematik solcher Familien noch mehr stellen.
In ihrer Heimat hat der Druck der DDR-Diktatur Katholiken und Protestanten einst stärker zusammenrücken lassen. Üben heute womöglich sinkende Mitgliederzahlen in beiden Kirchen einen ähnlichen Druck aus, stärker zusammen zu rücken?
Feige: Ja, durchaus. Aber es geht nicht nur um den äußeren Druck, sondern mehr noch um den Sinn und die Sendung von Kirche überhaupt. Vielerorts in Deutschland geraten die Christen zunehmend in eine Minderheitsposition. Da wird der gemeinsame Auftrag immer wichtiger: Wir Christen sind nicht für uns selber da, sondern unsere gemeinsame Aufgabe ist, das Evangelium zu verkünden und Christus den Menschen nahe zu bringen. Diese Erkenntnis eint uns übrigens auch mit Blick auf das Reformationsgedenken.