Berlin. . Der Ex-Finanzminister der SPD gilt wieder als Favorit für die Kanzlerkandidatur. In dieser Woche könnte ihm der Durchbruch gelingen. Doch eine alte Geschichte um die Sammlung von Sponsorengeldern für ein Schachturnier stört die gute Stimmung.

Er steht, wo er sich sauwohl fühlt: im Mittelpunkt. Wo sonst sollte der Platz von Peer Steinbrück sein? Über den früheren Ministerpräsidenten von NRW und Ex-Finanzminister der großen Koalition erscheinen aktuell gleich drei Biografien, die letzte wird heute vorgestellt. Morgen will er vor der SPD-Fraktion auftrumpfen – mit einem Konzept, um die Finanzmärkte zu bändigen. Die Woche ist der vorläufige Höhepunkt der Peer-Festspiele, die sich schon am Freitag ankündigten. Da meldete das Magazin „Cicero“, die Kanzlerkandidatur laufe auf ihn zu.

Steinbrück sammelte Millionen für Schachturnier

Doch gleichzeitig gerät er durch eine alte Geschichte unter Druck, weil er als Finanzminister um Sponsorengelder in Millionenhöhe für ein Schachturnier geworben hat. Steinbrück räumte ein, dass er 2006 nach Geldgebern für den Kampf des damaligen Weltmeisters Wladimir Kramnik gegen den Schachcomputer „Deep Fritz“ gesucht hatte. Er sehe darin aber nichts Ehrenrühriges, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.

Laut „Focus“ bat Steinbrück die damaligen Chefs der bundeseigenen Konzerne Post und Telekom, Klaus Zumwinkel und Kai Uwe Ricke, um je bis zu eine Million Euro. Er tat dies in einem Schreiben mit Briefkopf des Finanzministers. Mehrere Aktienrechtsexperten sagten, Steinbrücks Bitte sei mit seiner Stellung als verantwortlicher Vertreter des Großaktionärs Bund nicht vereinbar gewesen. Laut „Focus“ folgten Zumwinkel und Ricke dem Werben nicht.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kritisierte den Fall: „Die Nutzung des Ministerbriefkopfes für eine Spendenbitte an bundeseigene Unternehmen hat mehr als ein Geschmäckle.“ FDP-Generalsekretär Patrick Döring erklärte: „Herr Steinbrück, der ja gern mit dem erhobenen Zeigefinger droht oder auch mal mit Peitsche oder Kavallerie, wenn es gegen Nachbarn geht, wird Mühe haben, das zu erklären oder gar als korrekt zu deklarieren.“

Das Timing passt

Doch abgesehen von dieser alten Geschichte: Sein Bankenthema jedenfalls ist wahlkampftauglich, der Mann auch, das Timing passt. „Spätestens nach der Niedersachsen-Wahl“ im Januar 2013, so Steinbrück, will die SPD entscheiden, wer sie in den Wahlkampf führen soll. Es könnte aber auch schon im Herbst sein.

Viele richten sich darauf ein. Altkanzler Gerhard Schröder rät der SPD: „Wartet nicht zu lange“. Die Frage werde immer drängender gestellt, „nicht nur von Journalisten“, gibt der Chef der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, Peter Struck, zu bedenken. Und dass Altkanzler Helmut Schmidt Steinbrück die Daumen drückt, ist bekannt.

„Es gibt definitiv keinen neuen Stand in der K-Frage“, stellte Generalsekretärin Andrea Nahles noch am Wochenende klar. „Nichts ist entschieden, das sind alles ungelegte Eier“, beteuerte Steinbrück in der „Süddeutschen Zeitung“. Mit ihm habe niemand gesprochen. Klar ist nur, dass der SPD-Mann mit der K-Frage kokettiert.

Die letzte Gelegenheit

Das wird nicht anders sein, wenn heute in Berlin „Steinbrück – die Biographie“ vorgestellt wird. Zum Streitgespräch kommt der stets streitlustige FDP-Mann Wolfgang Kubicki. Der Liberale, ein Norddeutscher wie er selbst, ist ein Mann nach Steinbrücks Geschmack, ein Tausendsassa, ein Gegen-den-Strom-Schwimmer in der eigenen Partei.

65 Jahre ist Peer Steinbrück jetzt alt. Für ihn ist es die letzte Gelegenheit, nach der Kanzlerschaft zu greifen. Die anderen beiden Mitglieder der „SPD-Troika“ sind jünger. Parteichef Sigmar Gabriel ist Jahrgang 1959, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier nur drei Jahre älter. Eigentlich war Steinbrück nach der Wahl 2009 ein Hinterbänkler im Bundestag. Man nahm an, dass er seine Karriere auslaufen lassen und in die Wirtschaft wechseln würde.

Dann war es Steinmeier, der Steinbrück im Zuge der Finanzkrise ein Forum bot, ihn als Redner im Bundestag durchboxte, ihm zu einem Arbeitsstab verhalf und den Auftrag für ein Bankenkonzept gab.

Sigmar Gabriel, der Königsmacher

Der Glamourfaktor der SPD-Troika war schon mal größer. Über Gabriel heißt es inzwischen, dass er sich mit der Rolle des Königsmachers begnüge. Auch die fordert ihm einiges ab. Es ist bekannt, dass der linke Flügel gegen Steinbrück Vorbehalte hat. Muss der Mann vor den Banken womöglich erst noch die eigene Partei bändigen?

Frank-Walter Steinmeier könnte ihm die Kandidatur streitig machen, drängt sich aber nicht auf. Politisch stehen die „Stones“, wie sie in der Partei genannt werden, in der Europapolitik oder in Rentenfragen für ähnliche Positionen. Sie sprechen die bürgerlichen Wähler und den rechten Flügel der SPD an. Steinbrück macht den wilderen Eindruck: Er will, er traut sich, er hat wirklich Lust auf Merkels Herausforderung. Mit der Macht der Banken hat er immerhin ein Thema, das Menschen umtreibt und bei dem ihm Kompetenz zugeschrieben wird.

Was vorab bekannt wurde, läuft auf einen Umbau der Deutschen Bank hinaus. Steinbrück macht sich dafür stark, die Handelsaktivitäten des Kreditinstituts von seinem klassischen Bankgeschäft zu trennen. Es würde „die Infektionskanäle“ beseitigen, verriet er dem „Spiegel“. Gemeint ist, dass so das Risiko verringert wird, dass der Staat bei Fehlspekulationen von Investmentbanken eingreifen muss, um etwa Sparguthaben zu schützen. Auf der einen Seite hemmt die K-Frage eine Sachdebatte, auf der anderen Seite gilt seit jeher: Wer Ämterehrgeiz hat, wird in der Politik Gehör finden.