Berlin. Während FDP und CSU den Ländervorstoß zur Einführung einer bindenden Quote für Führungsposten bei Dax-Konzernen ablehnen, regt sich unter Unions-Frauen Unmut über die politischen Partner: Sie verlangen deshalb eine Aufhebung des Fraktionszwangs bei dem Thema.
Die Diskussion über die gesetzliche Frauenquote reißt einen tiefen Graben in die schwarz-gelbe Koalition. Während die parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe und der FDP-Fraktion ankündigen, die Quote im Bundestag abzuschmettern, wollen die Unions-Frauen eine Abstimmung ohne Fraktionszwang, was eine Mehrheit für die Quote ermöglichen könnte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll verärgert sein, dass der Bundesrat ihr das Thema aufgezwungen hat. Die Opposition beschwört nun die "Merkel-Dämmerung".
Der Bundesrat hatte am Freitag mehrheitlich für eine Gesetzesinitiative der SPD-geführten Länder Hamburg und Brandenburg gestimmt. Möglich wurde das, weil auch die von CDU/SPD-Koalitionen regierten Länder Sachsen-Anhalt und Saarland zustimmten. Verlangt wurde die Einführung einer festen Frauenquote für Aufsichtsräte von Dax-Unternehmen. Eingeführt werden soll sie in zwei Stufen: Ab 2018 muss ihr Anteil mindestens 20 Prozent betragen, ab 2023 dann 40 Prozent. Nun muss sich der Bundestag mit dem Antrag befassen.
CSU und FDP bleiben hart: keine Quote
Die CSU-Abgeordneten halten nach Darstellung des parlamentarischen Geschäftsführers der Landesgruppe, Stefan Müller, die Quote für falsch. "Die breite Mehrheit unserer Abgeordneten lehnt eine solche staatliche Bevormundung klar ab", sagte er der "Welt".
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Auch FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen, sagte: "Ich gehe in der FDP-Fraktion von einer großen Mehrheit gegen den Bundesratsentwurf für eine feste Frauenquote aus." Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), kritisierte die Vorlage des Bundesrats als "nicht besonders progressiv". Er bezweifle, dass der Antrag im Bundestag eine Mehrheit bekomme, sagte er im Deutschlandradio Kultur.
Unionsfrauen wollen Abstimmung ohne Fraktionszwang
Allerdings verlangen die weiblichen Abgeordneten der Union eine Aufhebung des Fraktionszwangs, womit eine Mehrheit für den Vorstoß durchaus möglich wäre. "Ich werde darauf dringen, dass der Fraktionszwang aufgehoben wird", sagte die Vorsitzende der Gruppe der Frauen, Rita Pawelski (CDU), dem "Focus".
Diese Idee wies der Vorsitzende der CSU-Mittelstandsunion, Hans Michelbach, zurück. "Hier geht es nicht um Gewissensfragen. Die CDU-Frauen sollten sich nicht zum Handlanger von Rot-Grün machen lassen und die Koalition spalten", sagte er der "Welt".
Die Kanzlerin ist von der Angelegenheit offenbar genervt und will die Ministerpräsidenten aus den eigenen Reihen auf die Linie der Bundespartei einschwören. Noch im Oktober sollen die Regierungschefs der CDU-geführten Länder zu einem Krisentreffen im Kanzleramt zusammenkommen, berichtete der "Spiegel". Schon am Vorabend der Bundesratssitzung habe es beim traditionellen Vorgespräch Merkels mit den Ministerpräsidenten der Union einen heftigen Disput gegeben.
SPD drückt aufs Tempo
Die SPD verlangt nun eine schnelle Abstimmung im Bundestag. "Die Einführung der Frauenquote ist überfällig. Ich fordere, das Gesetz so schnell wie möglich im Bundestag zur Abstimmung zu stellen", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann in Berlin. Der Koalitionsstreit dürfe keine Verzögerung verursachen. Zuvor hatte auch Unions-Frau Pawelski dafür plädiert, die Quote schnell auf die Tagesordnung des Bundestags zu setzen.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte Merkel angesichts der Auseinandersetzung den Machtverlust nach der Bundestagswahl 2013 voraus. "Unübersehbar hat das letzte Jahr von Merkels Kanzlerschaft begonnen", sagte er in Berlin. "Ihre eigenen Ministerpräsidentinnen beschleunigen die Merkel-Dämmerung", urteilte Trittin mit Blick auf die Landeschefinnen Thüringens und des Saarlands, Christine Lieberknecht und Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU). (dapd)