New York/Paris. Er ist der Nachfolger von Kofi Annan und ihm steht eine schwierige Aufgabe bevor: Lakhdar Brahimi ist der neue internationale Sondergesandte für Syrien. Seine erste Rede vor der UN-Vollversammlung war kurz: Er forderte die Länder auf, gemeinsam gegen die Gewalt in Syrien vorzugehen.
Der neue internationale Sondergesandte Lakhdar Brahimi hat die internationale Gemeinschaft zu einer einheitlichen Haltung im Syrien-Konflikt aufgerufen. Die Zahl der Opfer sei "erschütternd", die Lage verschlechtere sich zusehends, warnte der Nachfolger von Kofi Annan am Dienstag vor der UN-Vollversammlung in New York. Ein gemeinsames Vorgehen der internationalen Gemeinschaft sei dringend notwendig. Der frühere algerische Außenminister kündigte an, in den nächsten Tagen nach Damaskus reisen zu wollen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat beiden Konfliktparteien in Syrien schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Gefangene sowohl der syrischen Regierung als auch der Opposition würden "brutaler Behandlung und häufig Folter" ausgesetzt, sagte Ban in New York. Es gebe zudem "alarmierende Berichte über standrechtliche Hinrichtungen auf beiden Seiten". Er beschuldigte die Truppen von Präsident Baschar Assad und die Kämpfer der Opposition, Zivilisten nicht geschützt und die Vorschriften des Humanitären Völkerrechts missachtet zu haben.
UN braucht mehr Spenden von den Ländern
Der Syrien-Konflikt habe eine "besonders brutale Wende" genommen, sagte Ban weiter. "Die ganze Region versinkt in der komplexen Dynamik des Konflikts." Die Hauptlast in dem Konflikt trage die Zivilbevölkerung. Ban warf den syrischen Regierungstruppen vor, dicht bevölkerte Gebiete mit schweren Waffen, Panzern und Militärflugzeugen willkürlich zu bombardieren.
Mehr als 2,5 Millionen Menschen in Syrien seien auf Hilfe angewiesen, sagte Ban. Dazu kämen noch die Flüchtlinge, die vor der Gewalt in ihrer Heimat in die Türkei, nach Jordanien, in den Libanon und den Irak geflohen seien. Der UN-Chef rief zu Spenden auf und erklärte, der Antrag der Vereinten Nationen auf Hilfe im Umfang von 180 Millionen Dollar (143 Millionen Euro) sei nur zur Hälfte gedeckt.
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) gab am Dienstag bekannt, allein im August hätten mehr als 100.000 Menschen aus Angst vor der Gewalt das Land verlassen und damit so viele, wie in keinem anderen Monat seit Beginn des Konflikts im März 2011.
Eindringlich appellierte Ban an die internationale Gemeinschaft, sich gemeinsam hinter einen Plan zur Beilegung des Syrien-Konflikts zu stellen, der nach Angaben von Aktivisten bereits zwischen 23.000 und 26.000 Menschen das Leben kostete. "Wie viele weitere werden getötet und verletzt, ihre Leben erschüttert, ehe sich Präsident Assad und seine Berater überreden lassen, den Kurs zu ändern?", fragte Ban. "Wie können wir bewaffnete Gruppen überzeugen, dass eine bessere Zukunft nicht im Kämpfen liegt, sondern darin, die Grundlagen für einen neuen politischen und sozialen Vertrag zu legen, der Freiheit und Gerechtigkeit garantiert?"
Ban rief alle Länder auf, sich hinter die Mission des neuen Syrien-Sondergesandten Lakhdar Brahimi zu stellen, der "so bald wie möglich" nach Damaskus reisen werde.
Aktivisten im Hungerstreik
Aktivisten suchen einen eigenen Weg, die internationale Gemeinschaft zum Handeln zu bewegen. Rund 40 Menschen aus mehreren Ländern sind im Hungerstreik. Der Ende August in der Türkei begonnenen Aktion haben sich inzwischen Aktivisten in Ländern wie Frankreich, Jordanien und den USA angeschlossen. Damit solle ein Zeichen gegen die Lähmung der Weltgemeinschaft in der Syrien-Frage gesetzt werden, sagte der Sprecher der Gruppe, Ahmed Naji, am Dienstag. Der Konflikt in Syrien sei jetzt in einer entscheidenden Phase. "Wir brauchen die Unterstützung von Regierungen und Menschen in der ganzen Welt." Die überwiegend über soziale Netzwerke verbundenen Aktivisten fordern unter anderem von der EU ein energisches Handeln.
So sollten die Regierungen der EU-Länder sämtliche Botschaften Syriens schließen, verlangen die Hungerstreikenden. Auch fordern sie einen Prozess gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Ägypten solle zudem sämtliche Schiffe an der Durchfahrt durch den Suez-Kanal hindern, die Militärhilfen nach Syrien bringen könnten. Sollten die Forderungen bis zum 20. September nicht erfüllt werden, drohen die Aktivisten mit der Ausweitung ihres Hungerstreiks. Schon jetzt wollten sich in den kommenden Wochen zwölf weitere Menschen der Bewegung anschließen. (afp, dapd, rtr)