Berlin. Die Schule hat noch nicht in allen Bundesländern wieder begonnen, da kocht die Diskussion über Schulschwänzer wieder hoch. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen fordert ein Bußgeld für Eltern von Schulschwänzern. Ihr Vorstoß stößt in Politik und Gesellschaft auf ein geteiltes Echo.
Am Wochenende hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gefordert, Bußgelder für Eltern von Schulschwänzern zu verhängen. Schulschwänzen sei oft der Anfang von Langzeitarbeitslosigkeit, erklärte sie. Nun stößt ihr Vorstoß auf ein geteiltes Echo.
Nach Ansicht der FDP-Bildungsexpertin Sylvia Canel ist das Thema Angelegenheit der Länder und Kommunen und nicht des Bundes. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring verlangte, die Ursachen des Schulschwänzens zu bekämpfen, statt Eltern zu bestrafen.
Zustimmung für den Vorschlag kommt dagegen vom Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. Auch Berlins CDU-Generalsekretär Kai Wegner pflichtete der Ministerin bei. Sie hatte erläutert, 50 Prozent der Langzeitarbeitslosen hätten keinen Schul- oder Berufsabschluss. Es sei deshalb entscheidend, den Anfängen zu wehren.
FDP für weniger Kindergeld statt Bußgeld
Canel sagte der "Berliner Morgenpost" (Montagausgabe), sie finde es "ein bisschen erstaunlich", dass von der Leyen "mitten in der Debatte um ihre Pläne für eine Zuschussrente dieses bildungspolitische Fass" aufmache. "Das Thema ist ganz klar Angelegenheit der Länder und Kommunen und sollte es auch bleiben."
Natürlich müsse das Schulschwänzen geahndet werden. Sie sei aber der Ansicht, dass Elternrechte und Elternpflichten eine Einheit bilden. "Insofern wäre es konsequenter, den Eltern von notorischen Schulschwänzern das Kindergeld zu kürzen", sagte Canel.
Familienbund der Katholiken in Bayern gegen Bußgeld
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring verlangte, die Ursachen des Schulschwänzens zu bekämpfen und "Kinder zu fördern, statt Eltern zu bestrafen": "Nicht populistische Bestrafungsrhetorik hilft weiter, sondern die Verbesserung der Teilhabechancen aller Kinder", sagte er der "Berliner Morgenpost".
Auch der Familienbund der Katholiken in Bayern lehnt Bußgelder für Eltern von Schulschwänzern ab. Der Landesvorsitzende des Familienbundes der Katholiken, Johannes Schroeter, erklärte am Wochenende, der Schulbesuch sollte nicht durch mehr Zwang, sondern durch mehr Attraktivität gefördert werden.
"Viele zivilisierte Länder kennen nicht einmal eine Schulpflicht, zum Beispiel Irland, Frankreich, Dänemark oder der PISA-Spitzenreiter Finnland", sagte Schroeter. Sie verstünden Schule als staatliches Angebot, das die Familien nutzen können oder nicht. Ein "Zwang zur Ablieferung" der Kinder in Schulen sei weder mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte noch mit der katholischen Soziallehre vereinbar.
Wendt: "Jugendkriminalität fängt mit Schulschwänzen an"
Ganz anders sieht es die Deutsche Polizeigewerkschaft. Ihr Vorsitzender Rainer Wendt sagte der "Bild"-Zeitung: "Auch Jugendkriminalität fängt immer mit Schulschwänzen an. Deshalb ist es gut, die Eltern mit einem Bußgeld zu belegen. Das sollte am besten gleich vom Kindergeld abgezogen werden."
Unterstützung für von der Leyens Position kommt auch von der Berliner CDU. Deren Generalsekretär Kai Wegner sagte der "Berliner Morgenpost": "Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann ist klar: Berlin kann beim Thema Schulschwänzen noch mehr tun. Es ist ein guter erster Schritt, Eltern per SMS über das Fehlen ihrer Kinder zu informieren. Der Griff in den Geldbeutel tut allerdings am meisten weh."
Wichtig sei aber auch der Dialog mit Jugendämtern und Familien. „Erst, wenn dieser zu nichts führt, sollten Bußgelder verhängt werden, das dann aber gerne entschiedener als bislang", bekräftigte Wegner. (dapd)