Oslo. Eine unabhängige Kommission kritisiert Norwegens Polizei und Geheimdienst. Laut ihren Untersuchungen hätten die Anschläge auf Oslo und Utöya verhindert werden können, wenn Sicherheitsmaßnahmen effektiver umgesetzt worden wären. Auch den Attentäter hätten sie früher aufspüren können.
Eine norwegische Untersuchungskommission hat den Behörden des Landes eine Mitschuld für die tödlichen Anschläge von Anders Behring Breivik gegeben. Das Bombenattentat in Oslo hätte verhindert werden können, wenn bereits gebilligte Sicherheitsmaßnahmen effektiver umgesetzt worden wären, hieß es in dem am Montag vorgelegten Bericht.
Kommission beschuldigt auch den Geheimdienst
Die unabhängige Kommission übergab den Bericht an den norwegischen Regierungschef Jens Stoltenberg. Hätte die Polizei schneller reagiert, so lautet die Hauptkritik, hätte sie zudem den Amoklauf Breiviks auf der Ferieninsel Utöya früher stoppen können. "Eine Intervention der Polizei war wirklich möglich", resümierten die Autoren. Szenarien mit einer Autobombe vor einem wichtigen Gebäude in der Hauptstadt sowie mit einer Serie koordinierter Anschläge hätten bereits im Vorfeld über viele Jahre zu den gängigen Sicherheitsanalysen gehört.
Anschuldigungen erhob die Kommission auch gegen den norwegischen Geheimdienst. Dieser hätte mehr tun können, um den Rechtsextremisten noch vor der Tat aufzuspüren.
Ministerpräsident Jens Stoltenberg erklärte, für die Reaktionen der Behörden auf die Anschläge trage letztendlich er selbst die Verantwortung. "Es hat sehr lange gedauert, den Täter festzunehmen. Die Polizei hätte Utöya früher erreichen können. Dies sind Umstände, die ich sehr bedauere", sagte er. Fragen von Reportern, ob er deswegen einen Rücktritt in Erwägung gezogen habe, wich Stoltenberg aber aus.
Polizei schon kurz nach den Anschlägen in der Kritik
Bereits kurz nach den Anschlägen war die norwegische Polizei in die Kritik geraten. Breivik hatte zunächst ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug vor einem Regierungsgebäude in Oslo abgestellt. Bei der Explosion wurden acht Menschen getötet. Anschließend konnte der 33-Jährige mit einem anderen Fahrzeug unbehelligt die Stadt verlassen und in einem Jugendcamp auf der in einem See gelegenen Insel Utöya 69 Menschen erschießen.
Die Reaktion der Polizei wurde unter anderem durch Pannen in den Kommunikationssystemen behindert. Dass Breivik erst so spät gestoppt werden konnte wird außerdem darauf zurückgeführt, dass der Polizei kein Boot zur Verfügung stand, um die Insel zu erreichen und dass kein Hubschrauber einsatzbereit war.
Das Urteil gegen Breivik soll am 24. August verkündet werden. Der Attentäter plädierte auf nicht schuldig, obwohl er die Anschläge gestand. Er gab an, die 77 Menschen aus "Notwehr" getötet zu haben, um Norwegen vor fremden Einflüssen zu schützen. (dapd/afp)