Brüssel. Die Europäische Zentralbank mischt weiter kräftig in der Schuldenkrise mit: Das Institut sei grundsätzlich bereit, weitere Staatsanleihen angeschlagener Euro-Staaten zu kaufen, sagte EZB-Chef Mario Draghi. Die Anleger sind trotzdem enttäuscht.

Die Europäische Zentralbank (EZB) springt den Politikern im Kampf gegen die Euro-Krise stärker als bisher bei. Das kündigte EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt an. In den nächsten Wochen prüfen die Währungshüter, wie das geschehen soll. „Der Euro ist unumkehrbar“, bekräftigte Draghi. Die EZB werde alles tun, um den Euro zu erhalten.

Möglich sei, dass die EZB erneut Schuldverschreibungen klammer Euro-Länder kaufe, sagte Draghi. Die EZB würde das aber nur erwägen, falls der Euro-Rettungsfonds Staatsanleihen kaufe. In Deutschland ist der EZB-Kauf von Anleihen umstritten. Laut Draghi äußerte Bundesbank-Chef Jens Weidmann auch bei der jüngsten EZB-Sitzung Bedenken.

Rettungsfonds kann auf Antrag eines Euro-Staats Schuldverschreibungen kaufen

Ein Euro-Staat muss beantragen, dass der Rettungsfonds seine Schuldverschreibungen kauft. Als Gegenleistung muss der Staat Reform- oder Spar-Versprechen machen. Bisher stellte kein Land einen solchen Antrag. Der Sorgenstaat Spanien gilt jedoch als Antrags-Kandidat.

An Europas Börsen machte sich Enttäuschung breit. Anleger hatten gehofft, dass Draghi bereits konkrete Schritte ankündigt, wie die politisch unabhängige EZB ihren Krisenkampf verstärkt.

EZB-Chef Draghi ermahnt die Politik

Draghi selbst hatte diese Spekulationen genährt. Vorige Woche hatte er gesagt: „Die EZB ist bereit, alles zu tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir, es wird genug sein.“

Nun ermahnte der EZB-Chef die Politiker, ihren Teil dazu leisten, um die seit mehr als zwei Jahren grassierende Krise zu beseitigen. „Die EZB kann die Arbeit von Regierungen nicht ersetzen“, sagte Draghi. Es sei Aufgabe der Politiker, die Staatshaushalte zu sanieren.

Euro-Rettungsfonds soll keine Bank-Lizenz erhalten

Eine Absage erteilte Draghi denjenigen, die sich eine Bank-Lizenz für den künftigen dauerhaften Euro-Rettungsfonds wünschen. So wie der Nottopf gegenwärtig geplant sei, könne die EZB ihn nicht als „angemessenen Geschäftspartner“ ansehen.

Seit einigen Monaten kursiert in Europa die Idee, dass die Staaten den neuen Rettungsfonds mit einer Bank-Lizenz ausstatten könnten. Dann könnte er sich wie eine Bank an die EZB wenden, um bei ihr Geld zu borgen. Deutschland ist dagegen. Die Euro-Sorgenstaaten Italien, Spanien, aber auch Frankreich würden den Rettungsfonds dagegen gern mit so einer Lizenz versehen, um seine „Feuerkraft“ zu verstärken.

Leitzins bleibt auf Rekord-Tief

Eine konkrete Entscheidung traf die EZB: Sie lässt ihren Leitzins auf seinem Rekord-Tief. Damit können sich Banken weiterhin günstig wie nie Geld bei der EZB borgen – zum Zinssatz von 0,75 Prozent. Vor einem Monat hatte die EZB ihren Leitzins in einen als historischen gewerteten Schritt auf dieses Niveau gesenkt.

Die EZB Zentralbank zahlt zudem Banken weiterhin keine Zinsen, wenn diese bei ihr kurzfristig Geld anlegen, statt es anderen Banken, Unternehmen oder Verbrauchern zu leihen. Das soll die Branche dazu bringen, wieder mehr Kredite zu gewähren.