Berlin. Regierungssprecher Steffen Seibert und SPD-Chef Sigmar Gabriel haben sich dafür ausgesprochen, religiöse Beschneidungen gesetzlich zu regeln. Die Rechtssicherheit für Muslime, Juden und Ärzte müsse schnell hergestellt werden.

Nach dem Kölner Beschneidungsurteil will die Bundesregierung zügig Rechtssicherheit für Muslime und Juden schaffen. "Verantwortungvoll durchgeführte Beschneidungen müssen in diesen Land straffrei möglich sein", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Es bereite der Regierung Sorge, dass es in der Frage derzeit keinen Rechtsfrieden gebe. Das Kanzleramt und die zuständigen Ressorts berieten derzeit darüber, wie dieser wieder hergestellt werden könne. "Wir wissen, da ist eine zügige Beteiligung notwendig, da kann nichts auf die lange Bank geschoben werden."

Auch die SPD ist dazu bereit, die verworrene Rechtslage gesetzlich zu klären. "Religionsbedingte Beschneidungen bei Jungen dürfen in Deutschland nicht strafbar sein", erklärten der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel und die Justiziarin der SPD-Bundestagsfraktion, Brigitte Zypries.

Sollte jetzt "eine größere Rechtsunsicherheit" bei den Ärzten eintreten, müsse im Sinne des Rechtsfriedens über eine gesetzliche Regelung neu nachgedacht werden. "Die SPD wäre in diesem Fall zu einer gesetzlichen Klarstellung bereit", erklärten sie. "Es kann nicht sein, dass Jahrtausende alte Traditionen von Millionen von Menschen auf diese Weise in Deutschland infrage gestellt werden."

Gericht bewertete Beschneidung als strafbare Körperverletzung

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Das Kölner Landgericht hatte in einer umstrittenen Entscheidung im Mai befunden, die Beschneidung von Jungen aus rein religiösen Gründen sei eine strafbare Körperverletzung. Daran ändere auch eine Einwilligung der Eltern nichts, da eine solche Zustimmung nicht dem Wohl des Kindes entspreche. Dessen Körper werde durch die im Islam und im Judentum verbreitete Beschneidung "dauerhaft und irreparabel verändert".

Das Urteil war vor allem bei islamischen und jüdische Organisationen auf scharfe Kritik gestoßen. Dieter Graumann, Verbandspräsident des Zentralrats der Juden, regte nun in der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe) eine überparteiliche Gesetzesinitiative an. "Die Beschneidung ist für Juden absolut elementar", sagte er. Sollte das Kölner Urteil gegen Beschneidungen zur Rechtslage werden, dann wäre "in letzter Konsequenz jüdisches Leben in Deutschland nicht mehr möglich" (afp/dapd)