Essen. . Bund, Länder und Gemeinden müssen für immer mehr Pensionäre aufkommen. Anfang dieses Jahres lag die Zahl der Pensionäre bei 771.900, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte. Zugleich wächst die Sorge vor einem Nachwuchsmangel, vor allem in Schulen und bei der Polizei.

771.900 Pensionäre leben in Deutschland. Das sind so viele Staatsdiener im Ruhestand wie nie zuvor. Ihre Zahl steigt jetzt Jahr für Jahr steil an – allein 2011 um 42.000 oder 3,4 Prozent, hat das Statistische Bundesamt jetzt errechnet. Die ­Sorge vor Nachwuchsmangel und einer Kostenlawine wächst.

Beamtenbund-Chef Peter Heesen erwartet, dass in den nächsten zehn Jahren noch einmal 760.000 ­Mitarbeiter den Öffentlichen Dienst aus Altersgründen verlassen werden. „Ersatz dafür ist bei dem ­knappen Arbeitskräfteangebot in Konkurrenz zur Wirtschaft kaum anzuwerben“, fürchtet Heesen. Der Staatsdienst veralte: „Bereits jetzt sind rund 75 Prozent der Beschäftigten älter als 35 Jahre“.

Schule und Polizei betroffen

Experten sind beunruhigt über die Entwicklung, denn den Staat stellt die Entwicklung mehrfach vor große Herausforderungen. Ausgerechnet Schulen und Polizeidienststellen sind von dem Aderlass betroffen – ­also die Bereiche, in denen der ­Bürger den Mangel direkt spürt. Nach Berechnungen fehlen heute schon 10.000 Lehrer und 20.000 Polizisten, weitere 15.000 Mitar­beiter in der Finanzverwaltung und 8000 in den Straßenmeistereien.

Nur ein Drittel der Staatsdiener bei Bund, Ländern und Gemeinden erreicht die vorgesehene Altersgrenze von 65 Jahren. 22 Prozent nutzen die Möglichkeit, mit 63 zu gehen. Jeder fünfte war dienstunfähig. Warnsignal in diesem Zusammenhang: Gerade in der Bundesverwaltung liegt der Krankenstand deutlich über dem der gesetzlich Versicherten.

Verzicht auf Stellenkürzungen

Vor dem Hintergrund der Zahlen will zumindest der Bund einen seit Jahren aus Kostengründen betrie­benen Personalabbau stoppen. Der Haushaltsausschuss des Bundestags verzichtet für 2013 erstmals auf die pauschale Stelleneinsparung von 1,5 Prozent im Jahr, die seit 1990 beigetragen hat zu einem Abschmelzen der Staatsdiener-Zahl um 1,6 Millionen auf heute 4,8 Millionen – knapp ein Drittel von ihnen sind Beamte.

Die Länder, die unter dem Druck des vereinbarten Schuldenstopps für das Jahr 2020 stehen, sehen das ­jedoch anders. Vor allem in NRW ist unklar, ob es nicht doch zu einer weiteren Runde des Personalabbaus kommt.

Keiner hat dafür gespart

Die hohe Zahl der Pensionäre ist für die Staatsfinanzen ohnehin ein Sprengsatz. Die NRW-Landeskasse zahlt jedes Jahr 4,4 Milliarden Euro an Ruhestandsgehältern aus, 2025 könnten es sieben Milliarden sein.

Nach einer Prognose des Forschungsinstituts für Öffentliche Verwaltung in Speyer müssen Bund, Länder und Gemeinden bis 2050 rund 980 Milliarden Euro Pensionslasten tragen – mehr als die Summe, für die Deutschland bei der Euro-Rettung im äußersten Fall gerade ­stehen müsste. „Es fehlt eine verlässliche Finanzierung, um zu verhindern, dass das Geld für die Pensionszahlungen ausgeht“, sagt die Autorin der Studie Gisela Färber. Weder der Bund noch die Länder und Gemeinden haben dafür angespart.