Essen.. Die Vorstände von Dax-Konzernen wie Daimler, VW, RWE und Eon können mit üppigen Zahlungen im Alter rechnen. „Das ganze System ist pervers“, kritisiert SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Die SPD werde sich für eine Begrenzung der Managereinkünfte stark machen - und dabei nicht nur Boni und Gehälter, sondern auch Pensionen unter die Lupe nehmen.

Wenn der Tag des ­Abschieds naht, haben Deutschlands Top-Manager in der Regel für den Rest ihres ­Lebens ausgesorgt. Das hat nicht nur mit den hohen ­Gehältern zu tun, sondern auch mit der üppigen Altersversorgung vieler Vorstände.

Allein die 30 Konzerne aus dem Deutschen Aktienindex (Dax) haben nach einer ­Berechnung des Nachrichten-Magazins „Der Spiegel“ für ihre amtierenden Vorstandsmitglieder mehr als 637 Millionen Euro für Pensionszahlungen zurückgestellt. Spitzen­reiter in der Riege der Vorstandsbosse ist demnach Daimler-Chef Dieter Zetsche: Der Wert seiner bislang zugesagten Pensionsanwartschaften liegt den Berechnungen zufolge bei 29,6 Millionen Euro. Dahinter folgen VW-Boss Martin Winterkorn mit 19,7 Millionen Euro, Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann mit 18,8 Millionen Euro und Siemens-Chef Peter Löscher mit 12,8 Millionen Euro.

Ähnlich sieht das Bild bei den Dax-Konzernen an Rhein und Ruhr aus. Eon-Chef ­Johannes Teyssen sollen Pensionsansprüche im Wert von 11,7 Millionen Euro zustehen. Beim langjährigen Thyssen-Krupp-Chef Ekkehard Schulz ist von 11,4 Millionen Euro die Rede. Jürgen Großmann soll für seine knapp fünf Jahre als RWE-Chef Pensionszahlungen in Höhe von rund zehn Millionen Euro erhalten.

„Das ganze System ist pervers“

Auch in der Politik stoßen die üppigen Pensionen für Dax-Vorstände auf Kritik. „Das ganze System ist pervers“, sagte SPD-Bundestagsfraktionsvize Joachim Poß der WAZ Mediengruppe. „Wir werden das Thema aufgreifen und uns für eine Begrenzung der Managergehälter einsetzen. Dabei geht es nicht nur um Boni und Gehälter, sondern auch um die Altersversorgung für die Vorstände.“ Poß griff die Chefs von Daimler, VW und RWE auch namentlich an: „Die einzigen, die in Deutschland in einer sozialen Hängematte liegen, sind Spitzenmanager wie Zetsche, Winterkorn und Großmann.“

Aktionärsschützer sind alarmiert. „Es kann nicht sein, dass das Geld der Aktionäre mit beiden Händen raus­geworfen wird“, sagte Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Nicht nur Boni und Gehalt

Bislang standen vor allem die Spitzengehälter und ­Bonus-Zahlungen auf den Vorstandsetagen unter besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit – weniger hingegen die Pensionszusagen für die Dax-Vorstände. Daher gebe es in den Konzernen den Trend, Geldleistungen für die Manager still und leise in der Altersversorgung zu verstecken, kritisiert die DSW. „In diesem ­Bereich sind die Unternehmen noch zu wenig transparent“, bemängelt Jürgen Kurz und fordert mehr Mitsprache der Anteilseigner. „Die Aktionäre sollten die Möglichkeit haben, die Regeln für die Altersversorgung zu kontrollieren.“ Denkbar sei eine Abstimmung während der Hauptversammlung.

Dann könnten die bestehenden Rundum-sorglos-Pakete für das Management einer ­kritischen Prüfung unterzogen werden. Derzeit haben sich die meisten Top-Manager Sonderkonditionen gesichert, die für gewöhnliche Beschäftigte nicht gelten. So können viele Dax-Vorstände ihre üppigen Renten bereits im Alter von 60 Jahren beziehen, ohne dafür einen Abschlag hin­nehmen zu müssen. Wie „Der Spiegel“ berichtet, könnte Deutsche-Post-Chef Frank ­Appel sogar schon mit 55 Jahren in Rente gehen und die vollen Pensionsleistungen in Anspruch nehmen. Der Barwert seiner Rentenzusage liege derzeit bei 7,2 Millionen Euro.

Im Ruhestand 75.000 Euro pro Monat

Während sich der Post-Chef den Pensionsanspruch in einer Summe auszahlen lassen könnte, haben andere Konzerne monatliche Überweisungen vereinbart. Geht Eon-Chef Teyssen mit 60 Jahren in ­Rente, soll er 75 Prozent seines Grundgehalts von derzeit 1,2 Millionen Euro erhalten – also rund 900 000 Euro im Jahr oder 75 000 Euro pro Monat.

„Diese Größenordnungen sind einfach unanständig“, sagt der Technik-Philosoph Klaus Kornwachs von der ­Universität Ulm. Der Pro­fessor, der sich intensiv mit ­Belohnungssystemen auf Managementebene befasst hat, kritisiert die „Vollkasko-Mentalität auf hohem Niveau“. Denn selbst bei unternehme­rischen Misserfolgen seien die Vorstände abgesichert. „Es hat sich eine Kaste entwickelt. Wer einmal dabei ist, hat ­praktisch eine lebenslange ­Garantie, zu dieser Kaste zu gehören“, sagt Kornwachs.

Er regt Veränderungen bei Aufsichtsräten an, die über die Vergütung und Versorgung der Vorstände entscheiden. „Ein Modell könnte sein: Wer ­Mitglied eines Vorstandes war, darf in den nächsten fünf ­Jahren nicht Aufsichtsrat werden.“ Auch die Aktionärsschützer sehen Handlungsbedarf. DSW-Mann Kurz mahnt: „Auf die Unternehmen kommen in der Zukunft gewaltige Lasten zu.“