Kairo. Vor knapp einem Monat erst war das ägyptische Parlament aufgelöst worden. Nun hat der ägyptische Präsident Mohammed Mursi entschieden, dass die Abgeordneten wieder tagen sollten, bis es Neuwahlen gebe. Die Generäle kamen zu einer Sondersitzung zusammen. Deutschlands Außenminister Westerwelle reist am Montag nach Ägypten.

Ägyptens neuer Präsident Mohammed Mursi hat die Generäle herausgefordert. Laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur MENA berief Mursi am Sonntag das zuvor vom Militärrat aufgelöste Parlament wieder ein. Die Generäle reagierten umgehend auf den überraschenden Schritt und kamen zu einer Sondersitzung zusammen. Hunderte Anhänger feierten in der Nacht zum Montag auf dem Kairoer Tahrir-Platz Mursis Schritt.

Mursi ordnete in seinem Erlass zudem die Wahl eines neuen Parlaments binnen 60 Tagen nach der Annahme einer neuen Verfassung an. Die Ausarbeitung und Verabschiedung der neuen Verfassung wird nicht vor Jahresende erwartet.

Der Oberste Rat der Streitkräfte wolle bei dem Treffen über die Folgen von Mursis Entscheidung beraten, meldete MENA. Die Generäle wollten demnach die "Konsequenzen" von Mursis Entscheidung "erörtern". Ägyptens Oberstes Verfassungsgericht will am Montag die Wiedereinberufung des vor einem Monat vom Militärrat aufgelösten Parlaments prüfen.

Obama lädt Mursi zu Gesprächen in die USA ein

Mit seiner Entscheidung, das Parlament wieder einzuberufen, könnte Mursi eine neue Welle der Instabilität und der Gewalt in Ägypten auslösen. Während Mitglieder der islamistischen Muslimbruderschaft, der Mursi selbst angehört, den Schritt begrüßten, übte der ägyptische Friedensnobelpreisträger Mohammed El Baradei im Kurznachrichtendienst Twitter Kritik. Der Erlass des Präsidenten führe das Land "in ein verfassungsmäßiges Koma und einen Konflikt" zwischen den wichtigsten staatlichen Institutionen, schrieb er.

Wenige Stunden vor der Bekanntgabe von Mursis Entscheidung hatte US-Vizeaußenminister William Burns Mursi bei einem Treffen eine Nachricht von US-Präsident Barack Obama übergeben. Darin bekräftigte Obama die "neue Partnerschaft" mit Ägypten und lud Mursi zu Gesprächen im Weißen Haus im September ein.

Die Verfassungsrichter hatten Mitte Juni kurz vor der Stichwahl um das Präsidentenamt das Wahlgesetz sowie ein Gesetz, das den Ausschluss von ranghohen Parteigängern des früheren Staatschefs Husni Mubarak von öffentlichen Ämtern bestimmte, kassiert.

Westerwelle reist nach Ägypten

Gut eine Woche nach der Vereidigung des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi wird Außenminister Guido Westerwelle am Montag zu politischen Gesprächen in Kairo erwartet. Es ist der erste Besuch eines westlichen Außenministers nach den Präsidentschaftswahlen in dem nordafrikanischen Land. Wie aus dem Auswärtigen Amt verlautete, trifft Westerwelle am Montagabend seinen ägyptischen Amtskollegen Kamel Amr. Am Dienstag ist ein Gespräch mit Mursi geplant. Bei einem Treffen mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil Elarabi, will Westerwelle über weitere Schritte in der Syrien-Krise beraten.

Aus Diplomatenkreisen in Berlin hieß es, die Reise stehe im Zeichen der anhaltenden Bemühungen Deutschlands, den demokratischen Wandel in Ägypten zu unterstützen. Berlin lobt immer wieder Fortschritte Ägyptens in Richtung Demokratie, mahnt aber auch, dass 16 Monate nach dem Sturz Husni Mubaraks der Weg zu echten demokratischen Verhältnissen noch weit ist. Im Außenamt hieß es dazu, bei der Reise gehe es ebenso wie bei Westerwelles letztem Ägypten-Besuch Ende Januar darum, so rasch wie möglich nach den Präsidentschaftswahlen Tuchfühlung mit den politisch Verantwortlichen aufzunehmen und für weitere belastbare Fortschritte in Richtung Demokratie zu werben.

Deutschland setzt in Ägypten auf einen offenen Dialog mit den gemäßigt-islamischen Kräften. Berlin erwartet dabei unter anderem ein klares Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaat, zu religiöser Toleranz sowie zum Friedensvertrag mit Israel. (dapd, rtr)