Stuttgart. . Die Verteidiger von Verena Becker wollen im Buback-Prozess einen Freispruch für die Ex-RAF-Terroristin beantragen. Massive Kritik übten sie am Nebenkläger Michael Buback, dem Sohn des getöteten Generalbundesanwalts. Sie werfen ihm unter anderem Realitätsverlust vor.

Die frühere RAF-Terroristin Verena Becker ist aus Sicht ihrer Verteidiger nicht unmittelbar an der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback vor 35 Jahren beteiligt gewesen. "Diese Hauptverhandlung lässt keinen Raum mehr für die Tatsachenbehauptung, dass Frau Becker am 7. April 1977 auf der Suzuki gesessen hat", sagte Verteidiger Walter Venedey am Dienstag in seinem Plädoyer vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Buback war in Karlsruhe vom Soziussitz eines Motorrads aus erschossen worden. Zudem kritisierte der Anwalt den Nebenkläger Michael Buback scharf.

Venedey stellte allerdings keinen konkreten Antrag. Wenn das Gericht überhaupt zu einer Verurteilung kommen sollte, dann könne jedoch eine Strafe von mehr als zwei Jahren keinen Bestand haben. Frau Becker habe 15 Jahre Haft verbüßt bevor sie begnadigt wurde. Sie habe sich im Gefängnis von der RAF gelöst und sei resozialisiert. Nachdem 2009 erneut gegen sie ermittelt wurde, habe es keine Fluchtpläne und kein Ausweichen vor dem Verfahren gegeben. Sie habe ihre Krankheit auch nicht benutzt, um dem Prozess vor dem Oberlandesgericht fern zu bleiben. Im Gegenteil habe sie die Verhandlung gewissenhaft verfolgt.

Massive Kritik an Nebenkläger Michael Buback

Venedey kritisierte den Nebenkläger und Sohn des Ermordeten, Michael Buback. Dessen Aussage, er wisse, was am 7. April 1977 geschehen sei, sei als "Bekenntnis zur Selbstjustiz" zu werten, sagte Venedey. Mit dessen "ungerechtfertigten Angriffen" habe er sich über Gesetzte gestellt. Bubacks Auffassung sei eine "Flucht aus der Realität". Der Nebenkläger sei "in eine äußerst bedenkliche Situation geraten." Solange die Medien ihm Aufmerksamkeit schenkten, werde sich das wohl nicht ändern.

Buback geht davon aus, dass Becker im April 1977 seinen Vater selbst erschossen hat. Anklage und Verteidigung sehen dafür keinerlei Anhaltspunkte. Der Chemieprofessor war beim Plädoyer der Verteidigung zunächst nicht im Gericht. Das hatte er in seinem Plädoyer bereits angekündigt. Auch zur Urteilsverkündung am 6. Juli kommt er voraussichtlich nicht.

Die Bundesanwaltschaft fordert wegen Beihilfe zum Mord eine Haftstrafe von viereinhalb Jahren für Becker. Wegen ihrer früherer Verurteilung zu lebenslanger Haft sollen zwei Jahre als bereits vollstreckt gelten.

Buback spricht von "schweren Ermittlungsfehlern"

Michael Buback hatte überraschend keine konkrete Strafe in seinem zweitägigen Schlussvortrag gefordert. Er begründete dies damit, dass der wahre Tatbeitrag Beckers wegen "schwerster Ermittlungsfehler" nicht habe aufgeklärt werden können. Zudem vertritt er die These, dass der Verfassungsschutz die frühere Terroristin vor einer Strafverfolgung geschützt habe.

Anders der Bruder des Mordopfers, der ebenfalls Nebenkläger ist: Sein Anwalt verlangte, Becker wegen Mittäterschaft zu einer lebenslangen Haftstrafe zu verurteilen. Aufgrund einer Vielzahl von Indizien sei eine Verurteilung wegen Mittäterschaft "möglich und nötig", hatte Matthias Rätzlaff gesagt. (dapd)