Stuttgart. Bei dem tödlichen Attentat auf Siegfried Buback im Jahr 1977 war Verena Becker nicht die Schützin - davon ist die Generalbundesanwaltschaft kurz vor dem Ende des Prozesses gegen die heute 59-Jährige überzeugt. Es gebe keine belastbaren Beweise dafür, dass Becker geschossen hat.

Die frühere RAF-Terroristen Verena Becker ist nach Ansicht der Bundesanwaltschaft nicht die Schützin bei dem Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahr 1977. Es gebe keine belastbaren Beweise, die für sie als unmittelbare Täterin sprächen, sagte Bundesanwalt Walter Hemberger am Dienstag zu Beginn seines Plädoyers vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht (OLG).

Die heute 59-Jährige habe von keinem Zeugen als Person auf dem Soziussitz des Tatmotorrads identifiziert werden können. Auch seien an dem Motorrad keine Spuren Beckers gefunden worden. Damit ist weiter ungeklärt, welches RAF-Mitglied am 7. April 1977 in Karlsruhe vom Soziussitz des Motorrads die tödlichen Schüsse auf Buback und seine beiden Begleiter abfeuerte.

Die Bundesanwaltschaft wirft Becker vor, unter anderem maßgeblich an der Planung und Vorbereitung des Mordanschlags beteiligt gewesen zu sein.

"Gravierende Widersprüche" bei Zeugen

In seinem Plädoyer sagte Hemberger, mehrere Zeugen hätten sich in "gravierende Widersprüche" verwickelt. Mit Blick auf zwei Zeugen, die am Tag vor dem Anschlag das Tatmotorrad gesehen haben wollen, sagte der Bundesanwalt: "Man muss meinen, die Zeugen berichten über unterschiedliche Ereignisse, obwohl sie es gemeinsam gesehen haben wollen."

Zudem widersprach Hemberger der These von Michael Buback, dem Sohn des Ermordeten, dass der Verfassungsschutz seine "schützende Hand" auf Becker gehalten habe. Das sei "reine Spekulation". Die Aufklärung des Verbrechens sei vielmehr von staatlicher Seite unterstützt worden.

Mit Spannung wird erwartet, ob die Bundesanwaltschaft an ihrem Anklagevorwurf der Mittäterschaft festhält oder doch nur auf Beihilfe zu dem Attentat plädiert.

Becker hatte Beteiligung bestritten

Becker hatte Mitte Mai in einer persönlichen Erklärung eine Beteiligung an dem Mordanschlag sowie an seiner Vorbereitung vehement bestritten. "Ich war nicht dabei", hatte Becker gesagt und darauf verwiesen, dass sie erst am Tag nach dem Anschlag aus dem Nahen Osten nach Europa zurückgekehrt sei.

Mit dem Plädoyer der Bundesanwaltschaft ging der Mammutprozess in die Schlussphase. Seit September 2010 wurden an rund 90 Verhandlungstagen etwa 160 Zeugen gehört. Ab Donnerstag (14. Juni) sollen an fünf weiteren Tagen die Plädoyers von Nebenklage und Verteidigung folgen. Ein Urteil wird voraussichtlich am 6. Juli gesprochen. (dapd)