Essen. . Bereits 1992 fassten Experten auf dem UN-Erdgipfel in Rio de Janeiro Beschlüsse zum Klimaschutz und zur Artenvielfalt. Nun, 20 Jahre später, findet die Umweltkonferenz wieder in Rio statt – aber die Verantwortlichen sind deutlich ernüchtert.
Nur noch kurz die Welt retten. Auf gerade einmal drei Tage geschrumpft ist der offizielle Teil der Mega-Umweltkonferenz „Rio plus 20“, der Mittwoch in Rio de Janeiro beginnt. 20 Jahre nach dem UN-Erdgipfel wollen rund 50.000 Teilnehmer aus 190 Ländern die Weichen für mehr Umweltschutz, Armutsbekämpfung und grüne Wirtschaftsweisen stellen. Doch der Rückblick auf die globale Umweltpolitik der vergangenen Jahrzehnte fällt verheerend aus.
Verbessert hat sich trotz aller Erkenntnis kaum etwas. Zu diesem Urteil kommt der Bericht „Geo-5“, in dem das UN-Umweltprogramm Unep untersucht hat, welche Fortschritte in den vergangenen fünf Jahren bei den wichtigsten 90 Umweltzielen wie etwa Artenvielfalt oder Klimaschutz erreicht wurden. Nur in vier Bereichen gab es eine deutliche Verbesserung. Konkret gibt es heute weniger ozonschädigendes Gas in der Atmosphäre, eine geringere Verschmutzung der Weltmeere, weniger Blei in den Kraftstoffen und mehr Menschen mit Zugang zu sauberem Trinkwasser. Bei weiteren 40 Zielen erkannten die UN-Experten leichte Verbesserungen. Pro Jahr wird zum Beispiel etwas weniger Wald vernichtet.
Praktisch kein Fortschritt
Für den Rest der Ziele, darunter die global gesehen größten Probleme, sehen die Autoren praktisch keinen Fortschritt. Die Weltmeere sind dramatisch überfischt, die Korallenriffe seit 1980 um 38 Prozent geschrumpft, der Ausstoß von Treibhausgasen nimmt stetig zu.
„Wir leben in einem Zeitalter der Verantwortungslosigkeit“, sagte der UN-Umweltdirektor Achim Steiner bei der Vorstellung des Berichts. 20 Jahre nach dem Erdgipfel ist vom „Geist von Rio“ kaum etwas zu spüren.
Der Geist von Rio
„Wir waren so euphorisch“, erinnert sich der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer. 1992, inmitten der Aufbruchstimmung nach dem Ende des Kalten Krieges, erkannten die Industrienationen an, dass sie die Hauptverantwortung für die Umweltzerstörung trugen und willens waren, Maßnahmen zu ergreifen. Unterzeichnet wurde das Aktionsprogramm „Agenda 21“, das Menschen ermutigen sollte, in Städten und Dörfern aktiv zu werden.
Verabschiedet wurde auch eine Grundsatzerklärung mit 27 Prinzipien für Umwelt und Entwicklung. Den völkerrechtlichen Rahmen für internationalen Umweltschutz schufen drei Übereinkünfte von Rio: Klimaschutz, Artenschutz und Wüstenbekämpfung. Doch ein Signal zum Aufbruch war es nicht. Die Artenschutzkonvention hat die USA bis heute nicht ratifiziert, die CO2-Emissionen sind seit 1992 in die Höhe geschossen.
Papiere ohne Verbindlichkeit
Vom Erdgipfel ist nicht viel übrig geblieben. „Klimakanzlerin“ Angela Merkel lässt sich von Umweltminister Peter Altmaier und Entwicklungsminister Dirk Niebel vertreten, eine Delegation des EU-Parlaments hat wegen „überhöhter Hotelpreise“ abgesagt. 20 Jahre nach dem Erdgipfel steht die Finanzkrise und nicht die Umwelt oben auf der Agenda. Es werde wohl schwierig, sich auf ein Abschlussdokument oder verbindliche Vereinbarungen zu einigen, räumt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ein.
So ähneln die Frontstellungen in Rio denen der UN-Klimakonferenzen. Die armen, von Klimawandel und Umweltzerstörung betroffenen Länder pochen auf technische wie finanziellen Hilfen, wollen die eigene wirtschaftliche Entwicklung aber nicht behindert wissen. Gespalten sind die Industrienationen: Die Europäer marschieren voran, andere wie etwa die USA, Japan oder Kanada, bremsen.
"Grüne Ökonomie" gegen die Armut
Unter den wichtigsten Themen in Rio ist die Frage, wie „grüne Ökonomie“ mit einer umweltverträglichen Produktions- und Verbrauchsweise die Armut in der Welt verringern kann. Konkret geht es dabei um den Abbau umweltschädlicher Subventionen, um Energieeffizienz oder neue Anbautechniken in der Landwirtschaft. Außerdem geht es um die „Millenniumsziele“ bis 2015 zur Bekämpfung von Hunger, Armut, Krankheiten und Analphabetentum. In Rio soll zudem ein internationales Abkommen zum Schutz der Artenvielfalt in den Weltmeeren auf den Weg gebracht werden. Mal eben kurz die Welt retten.