Athen. . Am Sonntag entscheiden die Griechen über ihre eigene Zukunft, den Euro und über Europa. Ein Ausstieg aus der gemeinsamen Währung könnte für alle Beteiligten fatale Folgen haben. Der Ausgang der Wahl ist völlig offen. Fest steht aber, dass die meisten Griechen gegen das Sparpaket sind.
Am Sonntag wählen die Griechen ein neues Parlament – zum zweiten Mal in nur sechs Wochen. Die Abstimmung gilt als Weichenstellung, bei der die Griechen nicht nur über ihre eigene Zukunft entscheiden. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zur Schicksalswahl:
Wie wird die Wahl ausgehen?
Zwei Wochen vor der Wahl dürfen in Griechenland keine Umfrageergebnisse veröffentlicht werden. Es gibt kein klares Bild der Stimmungslage. Aber die bisherigen Umfragen lassen ein Kopf-an-Kopf-Rennen der konservativen Nea Dimokratia (ND) und des radikallinken Bündnisses Syriza erwarten.
Was bedeutet das für die Mehrheitsverhältnisse im Parlament?
Voraussichtlich wird keine der beiden Parteien eine absolute Mehrheit der Mandate erreichen. Sie müssen also Partner finden. Damit bekommen wohl zwei Gruppierungen eine Schlüsselrolle: die sozialistische Pasok und die Demokratische Linke. Beide sind pro-europäisch und wollen am Euro festhalten. Sie könnten einer der beiden großen Parteien zur Mehrheit verhelfen. Eine Regierungsbildung gegen die stärkste Partei wird allerdings kaum möglich sein, denn die bekommt im Parlament einen Bonus von 50 der 300 Sitze.
Was versprechen die Parteien?
Alle sagen: So wie bisher kann es nicht weitergehen, denn der Sparkurs treibt immer mehr Menschen ins Elend. Der konservative Parteichef Antonis Samaras will zwar grundsätzlich an den Zielen des Konsolidierungsprogramms festhalten, fordert aber eine Lockerung der Sparauflagen, mehr Zeit für die Haushaltssanierung und Wachstumsimpulse für die Wirtschaft. Der Radikallinke Alexis Tsipras will den Sparpakt einseitig aufkündigen, den Schuldendienst einstellen, die meisten Strukturreformen zurückdrehen und große Teile der Wirtschaft verstaatlichen. Er riskiert damit ein Ende der Hilfe und den Staatsbankrott. Damit würde sich Griechenland aus der Währungsunion katapultieren.
Und was wollen die Griechen?
Acht von zehn Griechen sagen, dass sie am Euro festhalten möchten. Ebenso viele sind aber gegen das Sparprogramm – auf den ersten Blick ein Widerspruch. Syriza-Chef Tsipras suggeriert den Wählern aber, dass sich beides unter einen Hut bringen lässt. Die EU könne Griechenland nicht fallenlassen, wegen des drohenden Dominoeffekts, behauptet Tsipras..
Welche Aufgaben warten auf die nächste Regierung?
Bis Ende Juni erwartet die Troika neue Sparzusagen Griechenlands über 11,4 Milliarden Euro für 2013 und 2014. Dazu gehören Massenentlassungen im Staatsdienst. Ohne ausländische Hilfe sind die Staatskassen am 20. Juli leer.
Was würde die Rückkehr zur Drachme bedeuten?
Praktisch eine Massenenteignung. Fachleute erwarten, dass die Neue Drachme gegenüber dem Euro sehr schnell an Wert verlieren würde, mindestens 50 Prozent im ersten Jahr. Die Griechen hätten viel weniger Kaufkraft im Portmonee, Importwaren würden unerschwinglich. Die Hyperinflation würde Kredite verteuern, viele Menschen könnten ihre Wohnungen nicht mehr abbezahlen. Der griechische Ex-Premier Kostas Simitis erwartet bei einer Rückkehr zur Drachme „nie dagewesene Armut und Arbeitslosigkeit“.
Und die Auswirkungen auf die Eurozone?
Eine Insolvenz Griechenlands gilt zwar inzwischen als beherrschbar. Die den Griechen bisher ausgezahlten Hilfskredite wären verloren. Hinzu kämen Verluste für die Europäische Zentralbank, der griechische Banken etwa 62 Milliarden Euro schulden. Fachleute schätzen, dass allein Deutschland eine Griechen-Pleite bis zu 100 Milliarden Euro kosten könnte. Es könnte auch zu einer Kettenreaktion kommen, die Italien, Spanien, Portugal und Irland mitreißt.