Moskau. Zwischen 10.000 und 20.000 Menschen gehen in Moskau auf die Straße. Sie protestieren gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Demonstration ist genehmigt worden. Gleichzeitig waren mehrere unabhängige Medien vor Beginn des Marschs nicht erreichbar.

Ungeachtet zahlreicher Einschüchterungsversuche hat die russische Opposition am Dienstag gegen Präsident Wladimir Putin mobil gemacht. Trotz der jüngsten Hausdurchsuchungen und Befragungen durch die Polizei nahmen auch einige führende Oppositionspolitiker an der Kundgebung teil. Der prominente Linkspolitiker Sergej Udaltsow ignorierte seine Vorladung zu einem Verhör und forderte stattdessen bei der Demonstration abermals vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Es beteiligten sich laut Udaltsow mehr als 100.000 Menschen an dem Protestmarsch durch Moskau.

Die Polizei sprach von 20.000 Demonstranten, die am "Marsch der Millionen" teilnahmen. "Die Herrschenden sollen den Druck zu spüren bekommen - wir werden das auf jeden Fall tun", sagte der 25-jährige Anton Marjasow. "Wenn sie uns ignorieren, ist ein Blutbad unvermeidlich." Die Kundgebung verlief zunächst aber friedlich. Auch Berichte über Polizeigewalt wie bei der letzten Kundgebung im Mai lagen nicht vor.

Die Moskauer Stadtverwaltung hatte eine Kundgebung für bis zu 50.000 Menschen genehmigt.

12.000 Polizisten und gesperrte Internetseiten

Die russische Regierung ließ ein Großaufgebot an Sicherheitskräften aufmarschieren. Mehr als 12.000 Polizisten und Beamte des Innenministeriums waren nach offiziellen Angaben in der Hauptstadt im Einsatz.

Unterdessen wurden mehrere russische Oppositionelle von den Sicherheitsbehörden vernommen, nachdem am Montag ihre Wohnungen durchsucht worden waren. Auf die Weigerung Udaltsow nicht zum Verhör zu erscheinen und stattdessen die Demonstranten anzuführen, reagierte die russische Ermittlungsbehörde zurückhaltend. Udaltsow werde nicht sofort festgenommen, sondern später befragt, teilte sie mit.

Der Blogger Alexei Nawalni, der liberale Aktivist Ilja Jaschin und die Fernsehmoderatorin Xenia Sobtschak kamen hingegen zu den Vernehmungen und konnten so nicht an der Kundgebung teilnehmen. "Ich kann nicht voraussagen, ob ich hier wieder frei herauskomme oder in Handschellen", sagte Jaschin vor dem Verhör.

Udaltsow rief die Demonstranten auf, zum Hauptquartier der russischen Ermittlungsbehörde zu marschieren und die Freilassung politischer Gefangener zu fordern. Oppositionsführer Boris Nemzow, der nach Udaltsow sprach, mahnte aber dazu, die Gesetze zu achten, um Auseinandersetzungen mit der Polizei zu vermeiden. Die Demonstration war zwar von den Behörden genehmigt worden. Sollten die Demonstranten allerdings von der vorgeschriebenen Route abweichen oder sich nicht an den Zeitplan halten, könnte die Polizei den Marsch auflösen.

Mehrere unabhängige Medien wie der Radiosender Moskauer Echo, die renommierte Oppositionszeitung "Nowaja Gaseta" und der Fernsehsender Doschd waren über das Internet vor Beginn der Demonstration nicht mehr zu erreichen. Diese Internetseiten waren bereits während der umstrittenen Parlamentswahlen im Dezember vorübergehend offline.

Oppositionsführer gehen davon aus, dass dafür Cyber-Attacken kremltreuer Jugendgruppen verantwortlich sind. Am Montag hatten die Behörden versucht, die Protestanführer mit Hausdurchsuchungen einzuschüchtern. (afp, dapd)