Moskau. Überschattet von Betrugsvorwürfen ist in Russland der bisherige Regierungschef Putin mit knapp 65 Prozent der Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt worden. Unabhängige Wahlbeobachter hatten von mehr als 2.000 Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung berichtet.

In Russland hat Top-Favorit Wladimir Putin bei der russischen Präsidentenwahl nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen 65 Prozent erreicht. Das teilte die Zentrale Wahlkommission in der Nacht zum Montag mit. Die Endergebnisse dürften im Tagesverlauf bekannt gegeben werden. Unabhängige Wahlbeobachter hatten von mehr als 2.000 Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung berichtet, darunter offenbar im großen Stil organisierten Mehrfachabgaben von Stimmen.

Die Opposition kündigte für den heutigen Montagabend in der Innenstadt Moskaus eine Großkundgebung an. Die zahlreichen Demonstrationen nach den umstrittenen Parlamentswahlen im Dezember waren die erste große Herausforderung für den als Ministerpräsident mit harter Hand regierenden Putin.

Vor tausenden Anhängern in Moskau rief er sich am Sonntagabend zum Wahlsieger aus. "Ich habe versprochen, dass wir gewinnen werden, und wir haben gewonnen!" Putin wird demnach nun seine dritte, erstmals sechsjährige Amtszeit antreten. "Wir haben in einem offenen und ehrlichen Kampf gewonnen", betonte er.

Putin dankte seinen Anhängern dafür, mit ihrer Unterstützung mitgeholfen zu haben, ausländische Verschwörungen zur Schwächung Russlands zu vereiteln. Die Mehrheit der Russen habe "politische Provokationen" seiner Gegner zurückgewiesen, mit denen der russische Staat zerstört werden sollte.

Gorbatschow: "Keine ehrliche Wahl"

Einer der Organisatoren der Demonstration am Montag, Sergej Udalzow, sagte, eine ehrliche Wahl hätte Putin nicht bereits im ersten Wahlgang gewinnen können. "Schmutzige Technologien wurden abgewandt, und sie sind raffinierter geworden", sagte er. Für einen Erstrundensieg benötigte Putin mehr als 50 Prozent der Stimmen, ansonsten hätte es eine Stichwahl gegeben.

Michail Gorbatschow, der letzte Präsident der Sowjetunion, hatte bereits bei der Stimmabgabe prognostiziert: "Das wird keine ehrliche Wahl, aber wir dürfen nicht nachgeben." Ehrliche Wahlen seien das Motto für die kommenden Jahre, sagte Gorbatschow, der sich zuletzt zunehmend kritisch über Putin geäußert hatte.

Putin war bereits von 2000 bis 2008 Präsident. Eine direkte dritte Amtszeit verwehrte ihm die Verfassung. Er wechselte ins Amt des Ministerpräsidenten und überließ seinem Gefolgsmann Dmitri Medwedew das Präsidentenamt. Mit einem weiteren Sieg 2018 könnte er fast ein Vierteljahrhundert mächtigster Mann in Russland werden - die längste Zeit seit Josef Stalin Mitte des vergangenen Jahrhunderts.

Spekulationen um Träne Putins bei Siegesfeier

Hat Wladimir Putin wirklich geweint bei der Siegesfeier? Diese Frage beschäftigte am Sonntagabend die Russen, nachdem dem künftigen Präsidenten auf der Großkundgebung zur Feier seines Wahlsiegs in Moskau eine Träne die Wange hinuntergelaufen war. Die Tränen waren "echt, aber echt wegen des Winds", sagte Putin, als er in seiner Wahlkampfzentrale befragt wurde. Doch nicht alle waren von der Erklärung Putins überzeugt, der sich dem Volk gerne mit entblößtem Oberkörper beim Fischen und Jagen als starker Mann Russlands präsentiert.

"Moskau glaubt den Tränen nicht" schrieb der Blogger Slawik Zehner auf dem Kurznachrichtendienst Twitter in Anspielung auf einen berühmten sowjetischen Film von 1980, der am Sonntag im Fernsehen lief. Alexej Nawalni, der die Protestbewegung gegen Putin mitorganisiert, reagierte mit Ironie. "Heute hatte unser Führer wahren Grund zum Weinen", sagte er dem Fernsehsender Doschd. "Er schaute sich um und sagte sich: 'Mein Gott, was habe ich getan?'". Putin gewann die Präsidentschaftswahl am Sonntag nach vorläufigen Ergebnissen mit 64 Prozent der Stimmen. (dapd/afp)

Kommentar: Der Sieger - ein Verlierer