Moskau. . Die staatlichen Behörden versuchen auf ihre Art, die Proteste gegen den Präsidenten in den Griff zu bekommen.

Vor der heutigen Massendemonstration in Moskau wurden mehrere Oppositionsführer zu Vernehmungen ins Zentrale Ermittlungskomitee Russlands vorgeladen. Darunter der Blogger Alexei Nawalny, der Koordinator der „Linken Front“, Sergei Udalzow, die Liberalen Boris Nemzow und Ilja Jaschin sowie TV-Moderatorin Xenia Sobtschak. Wie Udalzow der Nachrichtenagentur „Interfax“ mitteilte, wurden er und seine Frau Anastasija für heute beim Ermittlungskomitee einbestellt. Sie sollen als Zeugen zu den Ereignissen bei der Massendemonstration am 6. Mai aussagen, bei der es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen war.

Außerdem veranstaltete die Polizei gestern bei allen Vorgeladenen Hausdurchsuchungen. „Sie hätten mir fast die Tür zersägt“ twittert Blogger Alexei Nawalny. „Sämtliche Elektronik ist beschlagnahmt, selbst CDs mit Kinderfotos“. Sergei Udalzow teilte „Radio Echo Moskwy“ mit, die Fahnder hätten seine Computerfestplatte sowie Mobiltelefone und mehrere Säcke Dokumente mitgenommen. In der Wohnung des TV-Stars Xenia Sobtschak wurden laut „Interfax“ rund 1,5 Millionen Euro sichergestellt.

Vernehmungen und Durchsuchungen

Sowohl die gestrigen Durchsuchungen wie die heutigen Vernehmungen finden an Tagen statt, die wegen des russischen Nationalfeiertages am 12. Juni arbeitsfrei sind. Udalzow will der Vorladung trotzdem folgen. „Wenn er die Vorladung ignorierte, bekämen die Behörden einen Vorwand, ihn festzunehmen“, erklärte Nikolai Polosow, Udalzows Rechtsanwalt, unserer Zeitung. „Aber ganz offensichtlich zielen Hausdurchsuchungen und Vorladungen auf die Demonstration heute. Die Führer sollen neutralisiert, die einfachen Bürger eingeschüchtert werden.“

Darauf zielt nach Ansicht von Oppositionellen auch das hastig beschlossene neue Versammlungsgesetz, das die Strafen für Zivilen Ungehorsam drastisch erhöht. Sowie eine Welle von Festnahmen in den vergangenen Tagen. Gestern wurde wieder ein mutmaßlicher Gewalttäter bei der Demonstration vom 6. Mai verhaftet. In Saratow nahm die Polizei Oppositionelle fest, die mit dem Bus zur heutigen Demonstration nach Moskau fahren wollten.

Die Organisatoren der Moskauer Kundgebung erwarten, dass die Repressalien nur noch mehr Demonstranten auf die Straße bringen. Exfinanzminister Alexei Kudrin twitterte, die Durchsuchungen sowie das neue Gesetz würden den Protest radikalisieren. Anwalt Polosow warnt: „Die Staatsmacht versucht, diesen Brand mit Benzin zu löschen.“