Moskau. Bei Protesten in Moskau sind am Sonntag mehrere Hundert Demonstranten festgenommen worden. Rund 20.000 Menschen waren friedlich gegen die Vereidigung Putins zum Präsidenten auf die Straße gegangen. Die Situation eskalierte, als Demonstranten von der vorgeschriebenen Route abweichen wollten.

Einen Tag vor der Vereidigung von Wladimir Putin zum russischen Präsidenten hat die Moskauer Polizei bei einem Protestmarsch rund 400 Demonstranten festgenommen, darunter auch führende Oppositionelle. Ein zunächst friedlicher Marsch von mindestens 20.000 Protestierenden wuchs sich zur Auseinandersetzung mit den Sicherheitskräften aus, als einige Demonstranten von der vorgeschriebenen Route Richtung Kreml abzuweichen versuchten.

Als immer mehr Menschen auf eine gesperrte Brücke drängten, verstärkte die Polizei dort ihre Kräfte. Nach etwa einer Stunde der Konfrontation begannen die Beamten, die Protestierenden zurückzudrängen und andere teils gewaltsam festzunehmen. Mehrere Demonstranten wurden verletzt.

Auch prominente Oppositionelle unter den Festgenommenen

Unter den Festgenommenen waren auch die prominenten Oppositionellen Sergej Udalzow, Alexej Nawalni und Boris Nemzow. Einige Demonstranten warfen Steine auf die Einsatzkräfte. Zwölf Polizisten wurden nach Berichten russischer Nachrichtenagenturen verletzt.

"Genug Lügen", riefen die Demonstranten. Die Beteiligung war allerdings deutlich geringer als bei den Protestkundgebungen im Winter, als sich teilweise mehr als 100.000 Menschen den Demonstrationen anschlossen. Der Ärger über Manipulationen bei der Parlamentswahl im Dezember und die Hoffnung darauf, Putin bei der Präsidentenwahl im März einen Denkzettel verpassen zu können, hatten die Opposition beflügelt. Allerdings gewann Putin die Wahlen deutlich und zieht nun nach seinen ersten beiden Amtszeiten von 2000 bis 2008 erneut in den Kreml ein.

Ein Schlag für die Moral der Oppositionsbewegung

Einige der Demonstranten räumten ein, dass Putins Wahlsieg ein Schlag für die Moral der Oppositionsbewegung gewesen sei. "Es stimmt, dass einige enttäuscht waren", sagte Juri Baranow, ein 46 Jahre alter Spezialist für Informationstechnik. Aber "das Wichtigste ist, dass die Menschen aufgewacht sind", sagte er. "Ich möchte glauben, dass unsere Stimmen gehört werden, aber ich bin mir dessen nicht ganz sicher", sagte Jelena Karpsowa. Die 47-Jährige reiste für die Demonstration rund 200 Kilometer aus der Stadt Tula an.

Einige Demonstranten errichteten im Rahmen der Kundgebung Zelte, um einen dauerhaften Protest anzukündigen. Die Zelte wurden aber bald abgerissen, die Polizei löste die Versammlung auf.

Die Schlagkraft der Opposition wird auch durch ihre mangelnde Strukturierung geschwächt. Sie ist ein loser Zusammenschluss aus Linken, westlich orientierten Liberalen, Nationalisten und anderen Fraktionen. Einige Demonstranten forderten ein klares Programm der Opposition. "Bildet eine Partei oder ich gehe auf meine Datscha", hieß es auf einem Plakat. (dapd)