Damaskus. Der syrische Präsident Baschar al-Assad wirft ausländischen Regierungen vor, einen “Plan der Zerstörung“ seines Landes zu verfolgen. Syrien befinde sich in einem “vom Ausland aus geführten echten Krieg“, sagte er am Sonntag in einer Rede vor dem neuen syrischen Parlament. Für die Gewalt in seinem Land machte Assad in der Ansprache zudem erneut einen “zunehmenden Terrorismus“ verantwortlich.
Ungeachtet des erneuten Appells des UN-Sondergesandten Kofi Annan zur Umsetzung der Waffenruhe hält der syrische Machthaber Baschar al-Assad an seinem Kampf gegen die Opposition fest. "Wir werden weiterhin dem Terrorismus die Stirn bieten", sagte Assad am Sonntag in einer Rede vor dem Parlament. Gleichzeitig kündigte er aber Bereitschaft zum Dialog mit politischen Gegnern an: "Wir halten die Tür für diejenigen offen, die zurückkehren wollen", sagte der Machthaber bei einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte. "Der Staat wird sich nicht rächen."
Die Führung in Damaskus erklärt seit Monaten, Terroristen schürten die Gewalt im Lande. Annan hatte am Samstag vor einem Abgleiten Syriens in einen ungezügelten Krieg gewarnt. Gleichzeitig forderte Assad nachdrücklich auf, die Gewalt sofort zu beenden und schweres Militär aus den Wohngebieten zurückzuziehen.
"Wir haben kein politisches Problem", sagte Assad. "Womit wir es zu tun haben, ist ein Versuch, sektiererischen Streit zu säen und das Instrument dazu ist der Terrorismus. Wir haben es mit einem wahren Krieg zu tun, der von außen geführt wird." In dem seit 15 Monaten anhaltenden Aufstand gegen Assad sind nach Angaben den Vereinten Nationen mehr als 10.000 Menschen getötet worden.
Blutiger Kampf Assads gegen Opposition in Syrien
Assad lässt seit März 2011 eine Protestbewegung gegen seine Regierung blutig niederschlagen. Dabei wurden nach Angaben der Opposition bisher mehr als 13.400 Menschen getötet. Am 7. Mai hatte Assad ein neues Parlament wählen lassen. Die Abstimmung wurde von der Opposition als "Farce" bezeichnet und stieß auch international auf Kritik.
Unter dem Eindruck des Konflikts in Syrien findet ab Sonntag auch ein zweitägiger EU-Russland-Gipfel in St. Petersburg statt. Mehrere EU-Staaten wollen den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einer schärferen Gangart gegen die syrische Staatsführung bewegen. Russland ist ein traditioneller Verbündeter des Landes.
Frankreich setzt für Militäraktion in Syrien UN-Mandat voraus
Frankreich will sich nur unter einem UN-Mandat an einer Militäraktion in Syrien beteiligen. Die internationale Gemeinschaft solle die Sanktionen verschärfen und den Druck auf das syrische Regime erhöhen, um Präsident Baschar Assad aus dem Amt zu drängen, forderte der französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian auf einem Asien-Sicherheitsgipfel am Sonntag in Singapur.
Zugleich betonte er, ein Treffen zwischen dem französischen Präsidenten François Hollande und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin am Freitag habe gezeigt, dass es derzeit unwahrscheinlich sei, dass das russische Veto gegen ein härteres Vorgehen der Vereinten Nationen "morgen aufgehoben wird". Russland hat gemeinsam mit China zwei Mal ein Veto gegen eine Syrien-Resolution des UN-Sicherheitsrats eingelegt.
Westerwelle bemüht sich um friedliche Lösung im Syrien-Konflikt
Außenminister Guido Westerwelle will sich im Nahen Osten um ein Ende der Gewalt in Syrien bemühen. "Ich reise am Montag erneut in die Region, um vor Ort Gespräche zu führen, wie der Gewalt endlich ein Ende gesetzt werden kann", sagte der FDP-Politiker der Zeitung "Bild am Sonntag". Die Reise führt nach Katar, in die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei.
Eine Militärintervention in Syrien beurteilte Westerwelle skeptisch. "Wir dürfen angesichts der hochkomplexen und gefährlichen Lage in Syrien nicht die falsche Erwartung erzeugen, als könnte mit einer militärischen Intervention eine schnelle Lösung erzwungen werden", sagte er.
Dagegen wollte der außenpolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, einen Militärschlag gegen Syrien nicht ausschließen. Wer jetzt ein militärisches Vorgehen gegen Syrien generell ablehne, erteile dem syrischen Präsidenten Baschar Assad einen Freibrief, mit Panzern und Soldaten gegen seine Bevölkerung vorzugehen, schrieb der CDU-Politiker in einem Beitrag für das Blatt.
Mißfelder forderte die Vereinten Nationen zum Handeln auf. "Die USA sind kein Weltpolizist mehr, der überall eingreift, wo es nötig ist", schrieb er. "Diese Rolle müssen die Vereinten Nationen übernehmen."
Arabische Liga will syrisches Fernsehen blockieren
Die Arabische Liga hat die beiden größten Satellitenbetreiber der Region zur Einstellung der Übertragung syrischer Fernsehsender aufgefordert. Die in Saudi-Arabien ansässige Organisation Arabsat und das ägyptische Unternehmen Nilesat sollten sowohl das syrische Staatsfernsehen als auch private Sender des Landes blockieren, hieß es am Samstag bei einem Treffen der Außenminister der Arabischen Liga in Katar.
Damit solle das Regime von Präsident Baschar Assad daran gehindert werden, weiter eine eigene Darstellung der blutigen Gewalt gegen Kritiker zu verbreiten. Das syrische Staatsfernsehen bezeichnete den Schritt als "Aggression gegen Syrien, mit der die Stimme des Volkes zum Schweigen gebracht werden" solle.
Erneut heftige Kämpfe im Libanon wegen Gewalt in Syrien
Im Libanon ist es am Samstag zu heftigen Kämpfen zwischen Anhängern und Gegnern der syrischen Führung gekommen. Dabei seien in der Küstenstadt Tripoli im Norden des Landes zehn Menschen getötet und mehr als 30 verletzt worden, hieß es am Abend aus libanesischen Sicherheitskreisen. Viele Familien seien aus Angst vor der Gewalt aus ihren Häusern geflohen.
Bei den Kämpfen zwischen dem sunnitischen Viertel Bab al-Tebbaneh und dem alawitischen Viertel Dschabal Mohsen wurden Raketenwerfer und Maschinengewehre eingesetzt. Während die Sunniten mehrheitlich gegen die syrische Regierung sind, unterstützen die Alawiten den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Bei Kämpfen zwischen den beiden Gruppen waren bereits Mitte Mai in Tripoli zehn Menschen getötet worden.
Die seit mehr als einem Jahr andauernde Gewalt in Syrien schürt zunehmend Spannungen im Libanon. Die libanesische Opposition wirft Damaskus vor, im Libanon Chaos stiften zu wollen, um von der eigenen Krise abzulenken. (rtr/dapd/afp)