Berlin. . Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) dringt auf Pkw-Gebühr: Pläne für die Vignette sind bereits fertig. Doch die Koalition wird in dieser Wahlperiode nichts entscheiden, die Kanzlerin legte die Pläne vorerst auf Eis. In der Regierungskoalition ist das Stoff für einen neuen Zwist: Während die FDP eine Pkw-Maut strikt ablehnt, macht die CSU Druck.
Für Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) schien alles so schön einfach: Seine Pläne für die Einführung einer Pkw-Maut seien „fertig in der Schublade“, verkündete er in gehobener Pfingstfeststimmung, schon am kommenden Montag könnte beim Koalitionsgipfel darüber gesprochen werden.
Sein Favorit zum Abkassieren auf Autobahnen: Eine Vignette wie in Österreich – nach internen Informationen könnten sie um die 100 Euro im Jahr kosten, würde rund vier Milliarden Euro einbringen. Die deutschen Autofahrer würden aber zum Beispiel durch eine Absenkung der Kfz- oder der Mineralölsteuer entsprechend entlastet, so dass die Maut vor allem ausländische Pkw-Fahrer treffen würde.
„Warum den Ärger riskieren?“
Doch aus dem Modell, das konnte Ramsauer wissen, wird vorerst nichts: Autofahrer in Deutschland dürfen sicher sein, dass sich jedenfalls vor der Bundestagswahl 2013 nichts tut. „Die Bundeskanzlerin hat sich klar festgelegt, dass eine Pkw-Maut in dieser Wahlperiode nicht auf der Tagesordnung steht“, stellten Regierungskreise gestern gegenüber unserer Zeitung klar. Und: „Selbst wenn man es morgen beschließen würde, könnte auch eine Vignettenlösung niemals bis 2013 eingeführt werden – warum sollten wir den Ärger dann riskieren?“
In der Koalition legten sich prompt die Liberalen quer. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte: Über die Maut könne man nur sprechen, wenn die CSU auf das Betreuungsgeld verzichte – schneller ist die Koalition selten in einen neuen Krach geschlittert.
80 bis 365 Euro
Ramsauers Motiv: Ihm fehlen jährlich Milliarden Euro für den Straßenbau, die Maut-Einnahmen auf den Autobahnen könnten die Lücken stopfen. In fast allen europäischen Ländern würden Straßennutzungsgebühren verlangt, begründet Ramsauers Ressort die Pläne, nur in Deutschland müssten sich ausländische Autofahrer nicht beteiligen. Seine Experten haben bereits Berechnungen angestellt, mehrere Szenarien für eine Vignette ausgearbeitet. Die Varianten reichen von 80 Euro im Jahr, wie sie etwa in Österreich verlangt werden, bis zum Extremmodell einer Jahresvignette von 365 Euro – dann würde die bisherige Kfz-Steuer ganz abgeschafft.
Für Ramsauer ist inzwischen klar, dass eine entfernungsabhängige, satellitengestützte Maut parallel zur Lkw-Maut zwar gerechter, aber deutlich teurer wäre und auch viel länger zur Einführung bräuchte. Er plädiert deshalb für die einfache Vignetten-Lösung, auch wenn sie alle Autofahrer unabhängig von der Streckennutzung gleich belastet. „Die Vignette ist schnell umsetzbar, verursacht die geringsten Kosten und ist den meisten Deutschen aus den Nachbarländern bekannt“, sagt der Verkehrsminister. Er steht unter Druck: Sein Parteichef Horst Seehofer will das zum Profilierungsthema machen. Süddeutsche Autofahrer zahlen viel häufiger Maut in Österreich, der Schweiz oder Frankreich, ihnen ist der Gedanke vertraut. Deshalb ist auch die CDU in Baden-Württemberg seit langem für die Maut, Unions-Fraktionschef Volker Kauder eingeschlossen.
CSU macht Druck
Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zählt zu den Unterstützern. Und in der baden-württembergischen grün-roten Landesregierung gibt es Sympathien für die Maut, allerdings vorrangig für eine streckenabhängige. Doch die Probleme der satellitengestützten Erfassung sind enorm: Die Einführung einer Maut für 900 000 Lkw stürzte die Beteiligten in eine Krise, die Erfassung von 45 Millionen Pkw schreckt viele Experten.
Widerstand aus NRW
Und der Widerstand gegen jede neue Belastung ist groß, auch bei mächtigen Verbänden wie dem ADAC. NRW-Verkehrsminister Harry Voigtsberger (SPD) meint, die schlechten Erfahrungen mit der Lkw-Maut sprächen auch gegen Ramsauers Vorstoß: „Wir haben nicht mehr Geld im System als vorher.“ Autofahrer etwa in NRW, die kaum Alternativen zur Autobahn hätten, würden zudem benachteiligt. Was Ramsauer nun vorschlage, sei deshalb wohl „nicht ganz ernst gemeint.“