Düsseldorf/Berlin. Am Freitag werden Fakten vor dem DFB-Bundesgericht Fakten geschaffen: Hertha BSC hat angekündigt, die Entscheidung zur Spielwertung des Skandalspiels gegen Fortuna Düsseldorf zu akzeptieren. Derweil weist der Ordnungsdienst der Fortuna alle Vorwürfe von sich.

Die Gefahr eines Prozess-Marathons nach dem skandalösen Relegationsrückspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC (2:2) scheint gebannt. 'Wir haben uns mit Hertha darauf geeinigt, die Entscheidung des DFB-Bundesgerichts zu akzeptieren. Sollte nichts Außergewöhnliches passieren, werden wir nicht vors Schiedsgericht ziehen', wird Christoph Schickhardt, der Anwalt der Berliner, in der Bild-Zeitung zitiert.

Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes hatte am Montag in erster Instanz den Einspruch der Berliner gegen die Spielwertung abgewiesen. In der Verhandlung vor dem Bundesgericht (ab Freitag, 12.30 Uhr) will die Hertha nun Verfahrensfehler anhand von Video-Aufzeichnungen nachweisen. Die Sequenzen waren in erster Instanz nicht als Beweismittel zugelassen worden.

Fortuna-Ordnungsdienst weist Fehler-Vorwürfe zurück

Der Ordnungsdienst von Fortuna Düsseldorf sieht nach dem skandalösen Relegationsrückspiel gegen Hertha BSC (2:2) keine Versäumnisse seinerseits. 'Konkrete Fehler kann ich nicht erkennen', sagte Michael Lindemann, Chef des Sicherheitsdienstes in der Esprit-Arena, der Bild-Zeitung. Es sei allerdings 'völlig normal, dass man sich jetzt überlegt, wo man optimieren kann und was wir aus solchen Vorfällen ableiten müssen'.

Hans E. Lorenz, Vorsitzender des Sportgerichts des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), hatte ein 'totales Versagen' des Düsseldorfer Sicherheitskonzeptes für den verfrühten Platzsturm der Fortuna-Fans in der Nachspielzeit verantwortlich gemacht. Lindemann erklärte: 'Nach dem 2:1 für Fortuna war mindestens die Hälfte unserer Ordner mit den Hertha-Fans beschäftigt. Aus deren Block flogen bis zu einem Dutzend Bengalos gleichzeitig auf den Platz. Deshalb war vor den anderen Blöcken weniger Personal.'

Es seien nicht zu wenige Ordner im Einsatz gewesen, sagte Lindemann: 'Es waren rund 900 vor Ort. 200 mehr als bei normalen Spielen - und so viele wie noch niemals vorher bei einem Event in der Arena.' Aus Sicherheitsgründen seien die Fans nicht in ihre Blöcke zurückgedrängt worden. 'Die Gefahr ist dann zu groß, dass Menschen wie bei der Loveparade eingequetscht und schwer verletzt werden', sagte Lindemann. (sid)

Hertha-Zerreißprobe im Schatten des Sportgerichts 

Die sportjuristische Auseinandersetzung schwelt und für Michael Preetz wird die Luft immer dünner: Eine Woche vor der Mitgliederversammlung und drei Tage vor der Berufungsverhandlung des DFB-Sportgerichts brodelt es bei Hertha BSC. In der Sendung "Querpass" des Fernsehsenders TV Berlin griff das Berliner Präsidiumsmitglied Ingmar Pering am Montagabend Preetz scharf an und forderte indirekt die Absetzung von Preetz. "Man muss einfach sehen, wir haben chaotische drei Jahre hinter uns gebracht. Und ich meine, wir haben wirklich Kardinalfehler gemacht. Michael Preetz muss verantworten, dass wir zweimal hintereinander von der 1. in die 2. Bundesliga abgestiegen sind", sagte Pering.

Nach einer desaströsen Rückrunde steht der Hauptstadtklub erneut vor dem Gang in die Zweitklassigkeit. Wobei die Entscheidung darüber immer noch nicht gefällt ist. Gegen das Urteil, das Relegationsrückspiel gegen Fortuna Düsseldorf (2:2) trotz der Vorkommnisse zu werten, haben die Berliner Einspruch eingelegt. Am kommenden Freitag verhandelt das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ab 12.30 Uhr die Berufung unter Vorsitz des Richters Goetz Eilers.

Der Sportrechtler Michael Lehner zeigte sich in der Tageszeitung "Die Welt" verständnislos über die erste Entscheidung. "Mit diesem Urteil kann ich wenig anfangen", sagte Lehner. Auch der ehemalige Hertha-Profi Axel Kruse äußerte sich kritisch und forderte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd: "Das Spiel hätte wiederholt oder für Hertha gewertet werden müssen."

Angeblich acht von elf Kandidaten gegen Preetz

Wie auch immer die juristische Auseinandersetzung letztlich endet: Sollte Hertha absteigen, müsse aus Perings Sicht Preetz Verantwortung übernehmen. "Es geht nicht darum, Michael Preetz sein Herz für Hertha abzusprechen oder in Abrede zu stellen, dass er sich nicht bemüht hat, seine Aufgabe wahrzunehmen. Man muss aber differenzieren zwischen der Frage Schuld oder Verantwortung. Und ich glaube, dass die Verantwortlichkeit bei ihm liegt", betonte Pering, der dem Präsidium des Hauptstadtklubs seit 2008 angehört.

Ähnlich soll dies die Mehrzahl potenzieller neuer Präsidiumsmitglieder sehen. Dem Vernehmen nach haben sich auf einem Fan-Fest am vergangenen Wochenende acht von elf Kandidaten auf einen Platz im Präsidium gegen eine Weiterbeschäftigung von Preetz ausgesprochen haben - eine Zahl, die Pering nicht dementiert. "Das Verhältnis stimmt so ungefähr. Und es spiegelt auch das wieder, was die große Mehrzahl der Mitglieder denkt."

Die alleinige Schuld treffe Preetz allerdings nicht. Es gebe viele Ursachen für die Talfahrt der Berliner. "Da steht jeder auf dem Prüfstand, ich ebenso wie der Präsident, der Manager, alle", sagte Pering.

Gegenbauer-Vorstoß "nicht richtig"

Aus diesem Grund kritisiert der Jurist, der bei der Mitgliederversammlung am 29. Mai erneut für einen Platz im Hertha-Präsidium kandidieren will, auch den Vorstoß von Präsident Werner Gegenbauer, der sich erneut hinter Preetz stellte und klar machte, mit dem früheren Hertha-Stürmer als Manager weitermachen zu wollen. "Das halte ich auch nicht für richtig, das so vorwegzunehmen. Ich glaube, es ist die Aufgabe des nächsten Präsidiums, in aller Ruhe, in aller Sorgfalt sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen", sagte Pering.

Am nächsten Dienstag soll bei der Mitgliederversammlung von Hertha ein neues Präsidium gewählt werden. Schon im Vorfeld droht der Veranstaltung unabhängig von der noch ungeklärten sportlichen Zukunft des Klubs Ungemach, nachdem der harte Kern der Fans laut "Bild"-Zeitung angekündigt hat, die für Donnerstag angesetzte Diskussionsrunde "Hertha im Dialog" zu boykottieren. Hintergrund ist, dass die Anhänger ihre Argumente erst auf der Versammlung vortragen wollen, um den Vereinschefs keine Gelegenheit zur Vorbereitung einer Strategie zu geben. (dapd)